Quarantäne by Greg Egan

Quarantäne by Greg Egan

Autor:Greg Egan [Greg Egan]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 2010-09-29T18:29:07+00:00


Als er endlich geht, ist die Verwirrung perfekt, mir dreht sich alles – und ob ich will oder nicht, ich bin einer der Mitverschwörer.

Die modulgeschädigten Streiter für die >wahre INITIATIVE< haben sich einen Namen gegeben, die Liga. Alle haben sie das Loyalitätsmodul – aber jeder von ihnen konnte sich dessen ungeachtet zu der Erkenntnis durchringen, daß die wahre INITIATIVE, der er verpflichtet ist, nicht jene Organisation ist, die unter diesem Namen auftritt.

Aber was dann ist die wahre INITIATIVE?

Jedes Mitglied der Liga hat eine andere Antwort.

Jedoch stimmen sie alle in einem Punkt überein: Der Zusammenschluß von Firmen und Arbeitsgruppen trägt den Namen INITIATIVE zu Unrecht, man hat ihn den wahren Eigentümern gestohlen.

Wenn ich allein bin, ohne Luis Einflüsterungen in den Ohren, dann scheinen mir Gedankengänge dieser Art reichlich bizarr – so daß ich mich frage, ob ich vielleicht den einen oder anderen wesentlichen Punkt nicht richtig verstanden habe. Die INITIATIVE ist nicht die wahre INITIATIVE – was für eine lächerliche Haarspalterei ist das nur!?

Und doch… wenn ich es nur glaube, dann würde das genügen, es wahr zu machen. Gesunder Menschenverstand, Logik – das alles bringt hier nichts: Es gibt ja keine rationale Begründung für meine Loyalität gegenüber der INITIATIVE – sie gründet sich auf nichts weiter als das Modul, ist eine anatomische Tatsache. Die wahre INITIATIVE, auf die sich das Modul bezieht, kann tatsächlich alles sein, an das ich zu glauben gewillt bin –

Das ist doch albern, das ist doch Unsinn…

Ich gehe in meinem Zimmer auf und ab; ich muß ganz ruhig bleiben. Vielleicht läßt sich eine Analogie finden, irgendein Bild, mit dem ich erklären kann – wenigstens in groben Zügen –, was in meinem Kopf vorgeht. Die INITIATIVE ist nicht die wahre INITIA-TIVE… Was ist denn die wahre INITIATIVE? Das, wovon ich ehrlich überzeugt bin, was immer es sein mag.

Der schiere Irrsinn. Wenn jedes Mitglied der Liga den Gegenstand seiner Loyalität nach Belieben definieren kann, als wäre es eine ganz private Gewissensfrage, ohne auf irgendeine Autorität Rücksicht zu nehmen, dann ist das reine Anarchie.

Und da passiert es, klick:

Ich weiß, wie ich es mir verständlich machen kann.

Mitten im Schritt erstarrt bleibe ich stehen und sage laut: »Zur Hölle mit dem Papismus… es lebe die Reformation!«

Es dauert einige Zeit, bis sich die Reihen meiner Mit-Streiter um mich geschlossen haben; Lui hat es übernommen, mich an immer verschiedenen Orten der Stadt den anderen Mitgliedern der Liga – immer nur einem oder zwei – vorzustellen. Sie arbeiten bei BDI oder ASR oder sonst einem nichtgenannten Partnerunternehmen. Zuerst scheint mir das Risiko solcher Zusammenkünfte als unverantwortlich hoch – zumal nichts besprochen wird, was ich nicht schon von Lui erfahren habe; bestimmt gäbe es Mittel und Wege des Kennenlernens, die weit weniger gefährlich sind. Aber nach einiger Zeit begreife ich, daß dieser persönliche Kontakt einfach notwendig ist, damit sich das, was ich nun als Loyalität betrachte, verfestigen kann. Und nur von Angesicht zu Angesicht kann jeder der Beteiligten sicher sein, daß auch sein Gegenüber mit dem Loyalitätsmodul ausgestattet ist.

Natürlich ist die Tatsache, daß die Mitglieder der Liga sich treffen, sich austauschen, um gemeinsame Pläne zu beschließen, paradox.



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