Professor Zamorra - 1010 - Elektras Sehnsucht by Simon Borner

Professor Zamorra - 1010 - Elektras Sehnsucht by Simon Borner

Autor:Simon Borner [Borner, Simon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-02-12T05:00:00+00:00


*

»Ja, danke, William. Schicken Sie die Unterlagen bitte gleich auf mein Handy.«

Zamorra trennte die Verbindung und trat zurück in den Lesesaal. Amy Williams saß noch an ihrem Platz.

»Er hat etwas«, raunte der Professor ihr zu, legte sein TI Alpha auf den Tisch und tippte kurz aufs Display. »Kommt gleich per Mail.«

Amys Augen wurden groß. »Tatsächlich?«

Zamorra zwinkerte ihr aufmunternd zu. »Ich sagte ja, ich verfüge über mehr Ressourcen als diese Bibliothek. Zumindest über zielgerichtetere – in unserem Fall.«

Es dauerte keine Minute mehr, da quittierte das Gerät mit leisem Vibrieren den Erhalt von Butler Williams Sendung. Zamorra öffnete die Mail sofort und lud den Anhang herunter.

»Irgendwann müssen Sie mir erklären, woher Ihr Butler diesen ganzen Kram immer nimmt«, murmelte Amy und schaute ihm über die Schulter aufs Display. Dann keuchte sie. »Das … das ist das Kind!«

Zamorra hob eine Braue. »Etwa das vom Pool?« Das Foto zeigte ein schmächtiges Mädchen von vielleicht zehn Jahren. Es hatte kurze Haare, eine laufende Nase und einen gestreiften Strickpullover.

»Ganz genau. Diese Kleine, oder jemand mit exakt ihrem Aussehen, hat mir davon abgeraten, Fleishman anzusprechen.« Sie staunte. »Zamorra, wie ist das möglich?«

Gute Frage. Das Bild, das William neben diversen anderen Dateien geschickt hatte, stammte aus den Achtziger Jahren. Die Göre musste inzwischen um die vierzig sein. Wenn sie noch lebt, heißt das. Zamorra deutete auf die Textdatei, die zu dem Bild gehörte. »Die Behörden hielten es für tot«, fasste er zusammen, was er dort las. »Es war ein Waisenmädchen und wurde von Vater Staat aus gesundheitlichen Gründen nach Briarcliff verwiesen und …«

»Und verschwand?«, las Amy nun ebenfalls. »Wie kann man denn in einem Sanatorium verschwinden?«

Sie meinen das Sanatorium, in dem Sie seit gestern Abend Ihren Freund nicht mehr erreichen, oder?, dachte Zamorra, zügelte sich aber, den Satz laut auszusprechen. Amy war auch so schon geschockt genug. »Erzählen Sie mir noch einmal, was dieses Kind zu Ihnen gesagt hat«, bat er leise. »Und bitte konzentrieren Sie sich. Jedes kleinste Detail kann von entscheidender Bedeutung sein, fürchte ich.«

Amy entsprach seinem Wunsch, doch was sie sagte, deckte sich mit dem Inhalt ihres ersten Berichts, vorhin im Park. Die Kleine habe behauptet, Fleishman spräche mit niemandem mehr. Dann aber hatte es den Anschein gehabt, als erlaube sie Amy, sich an ihn zu wenden. Weil … was? Weil Amy irgendeine Prüfung bestanden hatte – ohne es zu wissen?

»Angenommen, es war tatsächlich so«, sagte Zamorra schließlich. »Und unser Mädchen hier erlaubte Ihnen das Gespräch mit Fleishman. Was war diese Prüfung? Wodurch qualifizierten Sie sich für diese Ehre?«

Amy runzelte die Stirn. »Das Kind hat mir eine seltsame Frage gestellt«, erinnerte sie sich plötzlich. »Eine, die mit der Situation überhaupt nichts zu tun hatte. Deswegen irritierte sie mich so.«

Zamorra sah sie fasziniert an. War das die entscheidende Information? »Nämlich?«

»Es wollte wissen, ob ich das Theater mag. Ich … ich war so perplex, ich hab einfach Ja gesagt.«

Theater. Zamorra besah sich die Akte genauer. Von Bühne und Schauspiel fand er dort nichts. Ella Leek, so der Name des Kindes, stammte aus ärmsten Verhältnissen und hatte, als es nach Briarcliff kam, bereits drei Heime hinter sich.



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