Prinzessin Rauschkind - ein Marek-Miert-Krimi by Haymon

Prinzessin Rauschkind - ein Marek-Miert-Krimi by Haymon

Autor:Haymon [Haymon]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Haymon
veröffentlicht: 2013-05-13T22:00:00+00:00


„Versuchen Sie es doch beim Steindl in der Nebenwohnung. Der sitzt den ganzen Tag am Fenster und wartet auf den Krebs“, meinte der kleine Mann unwillig und etwas ängstlich zugleich.

„Worauf warten Sie denn?“, fragte ich die Tür. „Auf die Auferstehung allen Fleisches, insbesondere das von Marilyn Monroe?“

„Lassen Sie mich bloß in Ruhe, ich kenne den Mann nicht und will auch nicht in irgendetwas hineingezogen werden!“

„Sie sind schon mittendrin!“, fauchte ich und riss das dämliche Poster von der Tür.

Hinter der nun wieder wohlanständigen Wohnungstür rührte sich nichts.

***

„Sie warten auf den Krebs, habe ich gehört“, sagte ich, die Strategie wechselnd, zur Begrüßung, als sich mir die Tür der Nachbarwohnung öffnete.

Der Angesprochene, wohl Herr Steindl, nickte ruhig.

Ein unauffälliger Mann in den frühen Sechzigern. Er hatte schütteres, blondweißes Haar und ein längliches, schmales Gesicht voll trockener, grauer Haut. Er trug eine blau-weiße, dünne Strickweste, ein tadellos gebügeltes weißes Hemd und eine graue Hose mit scharfem Bug. Aus der Wohnung kam der Geruch nach Desinfektionsmitteln.

„Da lebt man all die Jahre, plagt sich und schuftet, spart und ist vernünftig, aber am Ende kommt der Krebs. Vor vier Jahren hat er meine Frau geholt. Immer diese Hoffnungen nach den Chemotherapien, den Operationen und am Ende doch nur der Eichensarg. Sie ist elendiglich verreckt, sage ich Ihnen, und ich konnte nichts tun, nichts. Seither bin ich nur noch rein physisch gesehen am Leben.“

„Haben Sie diesen Mann eventuell schon einmal gesehen?“, fragte ich, die traurige Suada unterbrechend, und hielt Herrn Steindl das Foto von Lászlo Zsigmund vor das Gesicht.

„Ist das wichtig für Sie?“, fragte der Mann.

„In gewisser Weise sogar lebenswichtig“, meinte ich.

„Ein Verwandter von Ihnen?“

In solchen Fällen, dachte ich, hätte Derrick einfach gesagt, dass er es sei, der hier die Fragen zu stellen habe, und die ganze Befragung wäre hübsch konstruktiv weitergegangen.

„Der Mann, den ich suche, heißt Lászlo Zsigmund, ich dagegen Marek Miert. Ich bin Privatdetektiv und …“

„Ich werde Ihnen eine Geschichte erzählen. Ob es Ihnen nun passt oder nicht“, sagte der sorgfältig gekleidete Mieter.

Auch das noch, dachte ich.

„Eine Geschichte von meiner Matura-Feier. Beziehungsweise vom Ende dieser Feier, wo fast alle schon ziemlich fett waren. Da hat mich der Leo zu einem Kampftrinken herausgefordert. Wir nannten ihn alle nur die Reblaus, weil er nicht nur mit seinen Sauftouren angab, sondern sie wahrscheinlich auch wirklich durchgezogen hatte. In jenen Jahren war Alkohol ja die einzige Droge für uns Jugendliche. Obwohl ich eigentlich nie richtig jung war. Mir wurde in Wirklichkeit schon schlecht, wenn ich ein Glas Schnaps nur ansah. Daher war ich auch das ideale Opfer für den Leo, und in dieser hirnrissigen Matura-Euphorie konnte ich mich nicht dagegen wehren. Es waren auch jede Menge Mädchen dabei, als die Wette zwischen der Reblaus und mir vereinbart, genau genommen von der Reblaus dekretiert wurde, und der Leo, also eigentlich sein Vater, hatte immerhin schon eine Abtreibung finanziert, ich dagegen war über einen verunglückten Zungenkuss mit dem Nachbarstöchterlein noch nicht hinausgekommen.“

„Erinnert mich ein bisschen an meine eigene Maturafeier. Die ist am Ende auch auf das unvermeidliche Wettspeiben hinausgelaufen, im wahrsten Sinne des Wortes“, bemerkte ich.



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