Polar Star by Martin Cruz Smith

Polar Star by Martin Cruz Smith

Autor:Martin Cruz Smith
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2011-11-19T23:00:00+00:00


Dutch Harbor war umgeben von einem grünen, mit buschigen, subarktischen Gräsern bewachsenen Klippengürtel. Es gab keine Bäume, nur Buschwerk, und auch das höchstens brusthoch, aber wenn der Wind durchs Gras strich, dann war es, als habe ein Zauberer seinen Stab erhoben und die Hügel unversehens in Wellen verwandelt.

Die Insel hieß eigentlich Unalaska, und an einem Ende der Bucht befand sich auch ein Aleuten-Dorf dieses Namens; das heißt, im Grunde genommen waren es nur eine Handvoll Hütten am Strand, überragt von einer weißen russisch-orthodoxen Holzkirche. Das Städtchen Dutch Harbor konnte Arkadi indessen nicht sehen. Es lag hinter einem Tanklager jenseits des Hafendamms, auf dem ein paar Stapel ausgedienter Scherbretter inmitten schmutzig-grauer Schneewehen vor sich hin rotteten, drei oder vier Benzinzapfsäulen standen und haufenweise Krabbenkörbe herumlagen, jene Riesenkäfige, die jeweils auf eine halbe Tonne genormt waren. Weiter hinten war die Pier für die Fangboote, und dort lag auch ein ehemaliger Hochseedampfer, den man zu einer Konservenfabrik umgebaut hatte. Sein Rumpf war von einem Bollwerk aus Pfählen umgeben. Hinter alledem erhoben sich die Berge von Unalaska, deren Vulkangipfel von schwarzem Gestein und weißschimmerndem Schnee gesäumt waren.

Merkwürdig, dachte Arkadi, wie sehr das Auge nach längerem Aufenthalt auf See nach Farbe hungert. Die Wolkendecke war aufgerissen, und hier und da fiel ein schüchterner Sonnenstrahl auf die Bucht. Von den flacheren Klippen ließen sich Papageitaucher wie Felsbrocken ins Wasser plumpsen, während von den höheren Adler aufstiegen und im Erkundungsflug über die Polar Star schwebten. Es waren ungeheuer große Vögel mit bärenbraunem Gefieder und majestätischen weißen Köpfen. Ihnen zuzusehen, gab ihm das Gefühl, endlich wieder obenauf zu sein.

Die Amerikaner waren bereits mit dem Lotsenboot an Land gefahren. Susan würde nach Hause zurückkehren und als Geschenk der Mannschaft eine Fischerjacke, dekoriert mit Anstecknadeln aus allen größeren russischen Häfen, mitnehmen. Ehe sie von Bord gegangen war, hatte sie so großzügig Abschiedsküsse verteilt wie jemand, der endlich dem verhaßten Gefängnis entrinnt. Das Lotsenboot hatte einen neuen Chefbevollmächtigten gebracht, der einen Koffer mit einhunderttausend Dollar dabeihatte, die Devisen, die der Polar Star für den Landgang zustanden. Die gesamte Mannschaft hatte vor der Kapitänskajüte gewartet, während drinnen das Geld erst einmal und dann noch einmal gezählt wurde.

Und nun standen Arkadis Kollegen an der Steuerbordreling Schlange, um über die Gangway das Rettungsboot zu besteigen, das sie samt den ihnen zugeteilten Dollars in den Hafen bringen sollte, von dem sie die ganze Zeit über geträumt hatten. Was sie sich freilich nicht anmerken ließen. Ein russischer Seemann mag zwar zu besonderen Anlässen die Kleidung wechseln, aber er rasiert sich deswegen nicht unbedingt. Er putzt seine Schuhe, streicht sich die Haare nach hinten und zieht sein Sportjackett an, auch wenn ihm dessen Ärmel zu kurz geworden sind. Die Männer auf der Polar Star trugen außerdem ein möglichst unbeteiligtes Gesicht zur Schau, nicht nur, um Wolowoi einen Gefallen zu tun, sondern auch, weil ihr eigener Stolz es so verlangte; nur ihre wachsam zusammengekniffenen Augen verrieten Erwartung und Vorfreude.

Es gab indes auch Ausnahmen. So war Obidins Blick unter dem breiten Schild einer plumpen Bauernmütze starr auf die Kirche jenseits des Wassers gerichtet.



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