Ploetzlich zu dritt! by Laura Petersen

Autor:Laura Petersen [Petersen, Laura]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Contemporary
ISBN: 9783944257389
Barnesnoble:
Herausgeber: Hallenberger Media
veröffentlicht: 2014-03-07T23:00:00+00:00

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Gerold Niermann traf überraschend schon früh am Morgen ein – kurz vor sechs, als auf der Station die übliche Morgenroutine in vollem Gang war. Er musste direkt vom Frankfurter Flughafen hergekommen sein, und zwar in einem wahnsinnigen Tempo. Er wirkte unausgeschlafen und war unrasiert, sein Anzug zerknittert. Unter dem Arm trug er einen riesengroßen, knallroten Plüschteddybär mit orange und grün gestreiftem Halstuch. Scheußlicher ging es wohl nicht.

Tessa war gerade dabei, dem Kleinen beim Fiebermessen zu helfen, und unterbrach ihre Tätigkeit, als der Vater das Zimmer betrat.

„Da bin ich wieder“, sagte Gerold Niermann zu seinem Jungen, trat ans Bett und umarmte ihn hölzern. „Ich habe dir auch etwas Tolles mitgebracht.“ Er hielt dem kleinen Tommy den Teddy entgegen, der fast so groß war wie der Junge selbst.

Tommys Reaktion war eher gleichgültig. „Stell dahin“, sagte er nur und deutete auf einen Stuhl.

Tessa glaubte, den Jungen in Schutz nehmen zu müssen. „Er ist noch sehr schwach und hat eigentlich noch nicht ausgeschlafen“, meinte sie. „Hier in der Klinik geht der Alltag schon sehr früh los. Aber es geht ihm schon etwas besser, und nachher wird er sicher auch mit seinem neuen Plüschtier Freundschaft schließen.“ Sie hatte das Gefühl, den Vater mit diesen Worten trösten zu müssen, denn sie sah ihm die Enttäuschung über die Ablehnung an.

„Nein“, meldete Tommy sich plötzlich zu Wort. „Ich will ihn gar nicht haben.“

Gerold Niermann wirkte betreten. „Dann gehst du mit Frau Bergner demnächst in einen Spielzeugladen und suchst dir etwas anderes aus, was dir gefällt“, schlug er vor. Wenn ihm etwas peinlich war, wirkte er wohl immer wie ein unbeholfener Schuljunge. Er tat Tessa in diesem Moment sogar ein wenig leid.

Eine Weile saß er neben Tommys Bett und betrachtete den Jungen nachdenklich. Tessa versuchte, ihren kleinen Schützling zum Frühstück zu überreden, das gerade eine Schwesternhelferin hereingebracht hatte, aber außer dem Kakao rührte der Junge nichts an. „Ich will heute nichts essen. Ich habe gar keinen Hunger.“

„Du musst aber etwas zu dir nehmen“, drängte sein Vater. „Du willst doch groß und stark werden.“

Beinahe hätte Tessa über diese Standardfloskel laut gelacht. Wie viele Eltern redeten ihren Jungen diesen Unsinn ein! „Vor allem musst du gesund werden, mein Kleiner“, sagte sie zu Tommy und strich ihm über die Wange. „Wir wollen doch bald wieder zusammen Eis essen gehen.“ Das war nicht viel besser, ging ihr auf, aber sie fühlte sich auf einmal ziemlich hilflos. Was konnte den Jungen schon gesund machen? Medizin und ganz viel Liebe, vor allem die Liebe. Diese Zutat gehörte wohl zu allen Heilmitteln.

Schließlich erhob sich Gerold Niermann. „Tut mir Leid, ich muss rasch mal in die Firma. Dort muss man wissen, wo ich in nächster Zeit zu erreichen bin. Bleiben Sie bitte bei meinem Jungen und sagen Sie mir Bescheid, wenn etwas mit ihm ist? Ich versuche, so schnell wie möglich zurückzukommen, aber es kann Nachmittag werden.“

Tessa nickte bedächtig. „Sprechen sie zuerst mit dem Arzt? Es fehlen noch einige wichtige Auskünfte.“

Er versprach es. „Ich muss Ihnen noch etwas sagen. Am besten draußen“, setzte der Mann hinzu.

Tessa folgte ihm auf den Flur.

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