Paulus beispiels-weise by Dominik Wolff

Paulus beispiels-weise by Dominik Wolff

Autor:Dominik Wolff
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Walter de Gruyter
veröffentlicht: 2017-02-15T00:00:00+00:00


6Fazit

Es ist lange erkannt, dass c.13 ein Stück weisheitlicher Dichtung darstellt.1862 Paulus steht dabei hier wie auch sonst an der Schnittstelle zwischen jüdischer und griechischer Tradition. Dies wird aus den religionsgeschichtlichen Parallelen zu 1Kor 13 ersichtlich: Die paganen Aretalogien liefern das Vorbild.1863 Das hellenistische Judentum adaptiert in diesem Zusammenhang griechische Motive und transformiert sie stilistisch in die Tradition der jüdischen Weisheit.1864 Hans Conzelmann sieht im Fehlen expliziter Christologie in 1Kor 13 einen Hinweis auf die jüdisch-hellenistische Schulbildung des Paulus: Da Christologie in Verbindung mit einer Liebesaretalogie in jenem Bildungskontext nicht vorgesehen war, verzichtet Paulus ebenso hier darauf; der briefliche Zusammenhang liefert schließlich entsprechende Hinweise.1865 Paulus steht mit 1Kor 13 also allein schon im Rahmen der Formgeschichte ganz im hellenistisch-jüdischen Weisheitsdiskurs.1866

Nun ist die Verknüpfung von Lehre und Leben des Paulus gerade in c.13 durch die betonte Formulierung in der 1.P.Sg. mit Händen zu greifen. Nicht allein mit der Form gibt sich Paulus als jemand zu erkennen, der mit dem weisheitlichen Diskurs vertraut ist. Auch inhaltlich lässt ihn die völlige Übereinstimmung von Lehre und Leben in dieser Selbstdarstellung als weise erscheinen; gerade diese Übereinstimmung stellt ja ein particular des westlichen Weisen-Modells dar. Die einzelnen Qualitäten schärfen dieses Profil noch, wenngleich in Richtung der Sakralisierung: Glossolalie, Prophetie, Geheimniskunde, Opferbereitschaft. Dies sind v. a. Qualitäten des Numinosen bzw. des Heiligen. Seine religiöse Befähigung verdeutlicht Paulus in c.14 mit der Betonung seiner eigenen hervorragenden Glossolalie und schließlich nicht zuletzt an seinem Gebrauch der Schrift (Schriftbelege in v.21.25).1867 Genaue Schriftkenntnis bildet nach dem (alt‐)orientalischen Verständnis des Weisen – und so auch nach Josephus –das entscheidende Kennzeichen des jüdischen Weisen, ist aber generell eine Bedingung des hellenistisch-jüdischen Weisen. Durch seine Bindung an die Schrift steht Paulus damit ebenfalls in der hellenistisch-jüdischen Weisheitstradition.

Alles in allem wird auch in 1Kor 12–14 deutlich, dass Paulus sich selbst in der rhetorischen persona des Weisen gegenüber den Korinthern präsentiert. Wenngleich er aufgrund der speziellen Gnade Gottes, die ihm widerfahren ist, nicht in allen Punkten nachgeahmt werden kann, erscheint Paulus dennoch als Vorbild und Beispiel für die Gemeinde, die in ihren Teilen je für sich ebenfalls durch Gott mit speziellen Gaben begnadet ist. In Paulus als einem Beispiels-Weisen zeigt sich konkret das liebevolle Wesen Jesu Christi, das die Grundlage des gemeindlichen Verhaltens bilden soll.



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