Paradise Garden by Elena Fischer
Autor:Elena Fischer [Fischer, Elena]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783257613926
Herausgeber: Diogenes Verlag
veröffentlicht: 2023-08-22T22:00:00+00:00
Am nächsten Morgen wurde ich von der Türklingel geweckt. Ich blieb einen Moment liegen, aber ich hörte keine Schritte im Flur. Warum öffnete meine GroÃmutter nicht? Als ich in den Flur trat, stand sie mit verschränkten Armen in der Wohnzimmertür und schaute mich an.
»Warum machst du nicht auf?«, fragte ich.
»Ich wollte, dass du aus deinem Zimmer kommst«, sagte sie. »Ich weiÃ, wie neugierig du bist.«
Vor der Wohnungstür standen Frau Geiger und die Mitarbeiterin vom Jugendamt. Sie waren schneller, als ich gedacht hatte.
»Billie, du bist erst vierzehn«, sagte Frau Geiger. Sie versuchte, wie eine Mutter zu klingen, aber sie wusste nicht, dass meine Mutter nie so geklungen hätte. »Du kannst nicht alleine â¦Â«
Dann sah sie meine GroÃmutter. »Wer ist das?«
Ich sagte es ihr.
Frau Geiger und die Sozialarbeiterin warfen sich einen Blick zu. Die Sozialarbeiterin seufzte.
»Schön, dass die Polizei uns informiert hat«, sagte sie und schnipste einen Fussel von ihrem Ãrmel.
»Worüber informiert?«, wollte ich wissen.
»Wer sind die beiden, und was wollen sie?«, fragte meine GroÃmutter.
»Die Staatsanwaltschaft hat uns nicht darüber informiert, dass sie offensichtlich kein Strafverfahren gegen deine GroÃmutter eröffnet hat, und auch nicht darüber, dass es jemanden gibt, der für dich sorgt«, sagte die Sozialarbeiterin.
»Und was ist, wenn ich nicht bei meiner GroÃmutter bleiben will?«
»Es tut mir leid. Aber die Plätze, wo wir dich unterbringen könnten, sind begrenzt.«
»Abgesehen davon wolltest du doch sowieso nicht bleiben«, sagte Frau Geiger und zwang sich zu einem Lächeln.
Ihr Lächeln sagte: Wir haben dich umsonst gesucht.
Es sagte: Du verschwendest unsere Zeit.
Ich hatte sie angelogen. Es war klar, dass sie sauer war. Ich nahm es ihr nicht übel. Sie musste begriffen haben, dass ich nicht vorhatte, bei Leas Familie einzuziehen.
»Worum genau geht es hier eigentlich?«, wollte meine GroÃmutter wissen und versuchte, mich zur Seite zu schieben.
»Ich habe einen Vater«, sagte ich.
»Hast du denn mittlerweile Kontakt zu ihm?«, fragte Frau Geiger.
Ich schüttelte den Kopf.
»Du hast gesagt, du wüsstest nicht, wer er ist«, sagte die Sozialarbeiterin.
»Ja â¦Â«
»Wenn deine Mutter deinen Vater nicht angegeben hat, also amtlich, auf deiner Geburtsurkunde, dann können wir nichts machen. Dann ist er unbekannt«, erklärte die Sozialarbeiterin.
Ich hatte keine Ahnung, wo meine Geburtsurkunde war oder was darauf stand. Meine Mutter hatte einen Karton, in dem sie ihre Papiere und Briefe sammelte. Manchmal warf sie Briefe in den Müll, ohne sie vorher zu öffnen. »Das meiste erledigt sich von selbst«, hatte sie dann gesagt und mit den Schultern gezuckt. Manchmal hatte sie recht, manchmal nicht. Und manchmal kam ein zweiter Brief vom selben Absender. Oder ein dritter. Ich beschloss, meine Geburtsurkunde zu suchen, sobald die beiden gegangen waren.
»Was ist mit deiner GroÃmutter?«, fragte Frau Geiger. »Weià sie, wer dein Vater ist?«
»Du sollst ihnen sagen, wer mein Vater ist«, sagte ich zu meiner GroÃmutter auf Ungarisch.
Meine GroÃmutter sah mich misstrauisch an. Dann verschränkte sie die Arme. »Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich es nicht weiÃ.«
»Sie sagt, dass sie es nicht weiÃ, aber ich bin nicht sicher, ob das stimmt«, sagte ich.
»Das wäre dann eine private Angelegenheit«, sagte Frau Geiger.
»Ja, da können wir dann nichts machen«, bestätigte die Sozialarbeiterin und zog eine Visitenkarte aus der Tasche.
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