Papillon by Henri Charrière

Papillon by Henri Charrière

Autor:Henri Charrière [Charrière, Henri]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783596212453
Herausgeber: Fischer
veröffentlicht: 2013-04-03T16:00:00+00:00


Ich hab mir’s gerichtet: Dem Namen nach Latrinenentleerer, tue ich so, als ob ich meine Arbeit verrichtete, aber in Wirklichkeit verrichtet sie der Mann aus Martinique, selbstverständlich gegen Bezahlung. Ich habe freundschaftliche Beziehungen zu zwei Schwägern angeknüpft, zwei Lebenslänglichen, Narric und Quenier.

Man nennt sie die »Kinderwagenschwäger«. Von ihnen wird erzählt, daß sie angeklagt waren, einen Kassier, den sie ermordet hatten, in einen Betonblock verwandelt zu haben. Es hat Zeugen gegeben, die angeblich gesehen haben, wie die beiden in einem Kinderwagen einen Betonblock beförderten, den sie in die Marne oder in die Seine warfen. Die Untersuchung ergab, daß der Kassier sich zu den beiden begeben hatte, um einen Wechsel einzutreiben, und daß er seither nicht mehr gesehen wurde.

Sie leugneten hartnäckig. Selbst hier im Bagno behaupten sie, unschuldig zu sein. Immerhin, wenn man auch niemals die Leiche gefunden hat, so doch den Kopf, eingewickelt in ein Taschentuch. Dem »Gutachten der Sachverständigen« nach fand man bei ihnen Taschentücher von gleichem Muster und gleichem Gewebe. Die Verteidiger jedoch und sie selbst wiesen nach, daß es Tausende Meter des gleichen Stoffes gegeben habe, aus dem solche Taschentücher gemacht worden waren. Jedermann besaß solche.

Schließlich bekamen die beiden Schwäger doch ihr Lebenslänglich, und die Schwester des einen, Frau des anderen, zwanzig Jahre Zuchthaus. Es gelang mir, mich mit beiden anzufreunden. Als Maurer gehen sie in den Werkstätten aus und ein. Vielleicht könnten sie mir Stück für Stück etwas herausschmuggeln, um daraus ein Floß zu bauen. Es kommt nur darauf an, sie so weit zu bringen.

Gestern habe ich den Arzt getroffen. Ich trug einen Fisch von wenigstens zwanzig Kilo, einen sehr feinen, den sie hier Merou nennen. Wir sind zusammen zur Hochebene hinaufgestiegen. Auf halber Höhe setzen wir uns auf eine kleine Mauer. Er meinte, daß man aus dem Kopf des Fisches eine delikate Suppe machen kann. Ich biete ihm den Fischkopf an und ein großes Stück Fischfleisch dazu. Er ist erstaunt über meine Geste und sagt:

»Sie sind nicht nachtragend, Papillon.«

»Wissen Sie, Herr Doktor, ich mache diese Geste nicht meinetwegen. Ich bin sie Ihnen schuldig, weil Sie fast Unmögliches für meinen Freund Clousiot getan haben.« Wir plaudern noch ein wenig, dann sagt er:

»Du möchtest gerne flüchten, was? Du bist kein richtiger Sträfling. Man hat bei dir den Eindruck, daß du was ganz anderes bist.«

»Sie haben recht, Herr Doktor, ich gehöre nicht zum Bagno, ich bin hier nur auf Besuch.« Er beginnt zu lachen. Ich fordere ihn heraus und frage:

»Doktor, glauben Sie nicht, daß ein Mensch sich grundlegend bessern kann?«

»Doch.«

»Sie würden sich also vorstellen können, daß ich wieder ein Mitglied der Gesellschaft werde, ohne für andere Menschen eine Gefahr zu bilden, und daß ich mich in einen ehrlichen Staatsbürger verwandle?«

»Ich bin dessen sicher.«

»Wenn ja, warum verhelfen Sie mir dann nicht dazu?«

»Wie?«

»Indem Sie mich als Tuberkulösen zur Entlassung bringen.«

Da vertraut er mir eine Sache an, von der ich schon sprechen gehört habe. »Das ist unmöglich«, sagt er, »und ich rate dir auch, es nie darauf anzulegen. Es ist viel zu gefährlich. Die Verwaltung entläßt krankheitshalber keinen Mann, ohne ihn mindestens auf ein Jahr in der Krankenstation unterzubringen, die für seine Krankheit zuständig ist.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.