PIERRE GRIMBERT - Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte by Pierre Grimbert

PIERRE GRIMBERT - Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte by Pierre Grimbert

Autor:Pierre Grimbert [Grimbert, Pierre]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: babylon
veröffentlicht: 2012-06-30T16:00:00+00:00


Drittes Buch: Der Ruf der Undinen

Wie jeden Tag machte er sich auf den weiten Weg von der Höhle, in der sie schliefen, bis zum Rand des Felsvorsprungs, um ins Tal hinunterzusehen. Es war ein sinnloses Ritual, denn die Landschaft war immer gleich. Nicht einmal die Blätter der Bäume schienen sich je zu bewegen oder die Farbe zu wechseln. Man konnte sie zwar anfassen, ja sogar abreißen, doch kurz darauf nahm die Umgebung wieder ihre ursprüngliche Gestalt an. Sobald man nur einige Augenblicke lang in eine andere Richtung blickte, wuchsen die Blätter nach, das niedergetretene Gras richtete sich auf, und selbst die Luft behielt nicht den geringsten Hauch einer fremden Anwesenheit zurück. In gewisser Hinsicht schien hier kein Wandel möglich.

Aber nur in gewisser Hinsicht. Er erinnerte sich noch gut an einen früheren Aufenthalt, rund zwanzig Jahre zuvor. Seit damals hatte sich das eine oder andere beinahe unmerklich verändert: Eine Baumgruppe hatte sich ein wenig gelichtet, ein Bächlein nahm nun einen etwas anderen Lauf. Man musste die Gärten schon über einen längeren Zeitraum hinweg erleben und ein scharfes Gedächtnis besitzen, um auf solche Kleinigkeiten aufmerksam zu werden. Und der Kaulaner hatte eine gute Beobachtungsgabe. Ihm wurde klar, dass die Landschaft nur auf Sterbliche unveränderlich wirkte. Betrachtete man sie aus dem Blickwinkel der Ewigkeit, so waren die Gärten in stetem Wandel begriffen. Auch dieser Tag schien nichts Neues zu bringen. Am Fuße der Berge und über die ausgedehnten Wiesen verstreut gaben sich die kleineren Kinder ihrer Lieblingsbeschäftigung hin: dem Schlaf. In der Ferne, für ihn gerade noch erkennbar, saß ein Mädchen im Jugendalter an einen Baum gelehnt und sann vor sich hin. Das war ein seltener Anblick, denn die älteren Kinder zeigten sich den Sterblichen beinahe nie. Seit seiner Ankunft hatte er erst drei oder vier von ihnen gesehen.. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem gewaltigen steinernen Bogen zu, der das Tal überragte. Wie immer hoffte er, dort ein kleines Licht aufblitzen zu sehen, das sich rasch ausbreiten, den gesamten Raum unter dem Steinbogen einnehmen und schließlich den Blick auf eine ferne Landschaft freigeben würde. Doch der Hüter des Tals ließ sich nicht dazu verleiten, den Ausgang zu öffnen, zumindest nicht, wenn seine ungebetenen Gäste wach waren. Ihr letzter Versuch, mit der Außenwelt in Verbindung zu treten, hatte ihn in höchstem Maße verärgert, und es war ihnen nicht gelungen, ihn umzustimmen, sosehr sie auch bettelten, flehten oder gar drohten. Da sie gegen seine Macht nichts ausrichten konnten, blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich seinem Willen zu beugen und ihre Enttäuschung, Wut und Verzweiflung für sich zu behalten.

Seufzend machte er sich wieder auf den Weg zu den anderen. Ihre kleine Schar, dreizehn an der Zahl, lebte hier unter sehr merkwürdigen Bedingungen. In ihrer Höhle gab es keine Stühle oder Tische, keine Decken oder Kissen; sie schliefen auf der nackten Erde, was trotz des steinigen Bodens erstaunlich bequem war. Sie benötigen auch keine Kleider zum Wechseln, denn hier schwitzte man nicht und wurde niemals dreckig. Genauso wenig brauchten sie Lebensmittel, da sie in den Gärten keinen Hunger verspürten.



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