Odice - Zeiten der Sinnlichkeit: Band 2. Erotischer Liebesroman (German Edition) by Anaïs Goutier
Autor:Anaïs Goutier [Goutier, Anaïs]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Anaïs Goutier
veröffentlicht: 2014-05-24T22:00:00+00:00
»Ich hoffe, du hast dich nicht langweilen müssen«, sagte Julien, als das Shooting beendet war und alle um sie herum begannen, zusammenzupacken.
»Nein.« Odice schüttelte den Kopf. »Es war aufregend, abwechslungsreich. Ich hätte mir das Ganze in der Tat zäher vorgestellt, mit viel mehr Wartezeiten.«
»Ich mag es nicht, zu warten. Mein Team weiß, dass es gut vorbereitet sein muss und beim Shooting selbst so wenig Leerlauf entstehen darf wie möglich.«
»Du musst ziemlich fertig sein. Das sah aus wie Hochleistungssport.«
»Findest du?« Er grinste jungenhaft. »Darunter verstehe ich allerdings etwas anderes.« Er sah sie vielsagend an. »Gehen wir noch ein Stück?«
»Warum nicht.«
Julien nahm wie selbstverständlich ihre Hand und dann entfernten sie sich schlendernden Schritts von den lärmenden Aufräumarbeiten, die Julien ganz seinen Mitarbeitern überließ.
»Warum hast du mit so vielen verschiedenen Kameras fotografiert?« wollte Odice wissen, während das Stimmengewirr in ihrem Rücken allmählich abklang und vom Rauschen der Brandung ersetzt wurde.
»Die Digitalfotos dienen in diesem Fall nur dem Vergleich, damit ich die Wirkung verschiedener Ausschnitte und Perspektiven besser abgleichen kann. Die eigentlichen Aufnahmen habe ich auf klassischem T-Max-Schwarzweißfilm gemacht mit mittlerer bis hoher Lichtempfindlichkeitsstufe für die Körnung.«
»Also Modefotos ohne Farben?«
Julien nickte. »Grobkörnige Schwarz-Weiß-Aufnahmen, ein trister winterlicher Strand, ein verlassenes Grand Hotel und dazu jede Menge Pelze, Schmuck und Luxusaccessoires. Das atmet meiner Meinung nach die dekadente Atmosphäre vom Tod in Venedig.«
»Mag sein.« Odice runzelte die Stirn. »Aber möchten Style-Leserinnen das sehen?«
»Ich weiß nicht, ob sie alle an Thomas Mann denken werden, aber es geht ja eigentlich auch nur um die Stimmung. Tristesse und Dekadenz, Luxus und Verfall, das halte ich für eine spannende Symbiose.«
»Im Sinne des Vanitas-Gedanken?«
»Ich halte Luxus nicht für Sünde. Aber ich mag das Wechselspiel zwischen Memento mori und Carpe diem.«
»Ich bin gespannt auf die Ergebnisse. Irgendwie klingt dein Konzept ganz anders als das, was ich gesehen habe.«
»Wie meinst du das?« Er runzelte die Stirn und sah sie auf diese besondere, unglaublich interessierte, intensive Weise an, bei der Odice unwillkürlich den Blick senken musste.
»Ich meine, das Shooting war so bunt, so lebendig und dynamisch. Die Stimmung so energetisch, fast ausgelassen. Schwer vorstellbar, dass dabei solche Aufnahmen entstanden sind, wie du sie beschreibst.«
»Lass dich überraschen, chérie.«
»Und die Entwicklung?«
»Die überlasse ich Émile. Morgen früh werden sie fertig sein, nehme ich an.«
Sie hatten etwa die Hälfte des Weges zwischen dem Grand Hotel Des Bains und dem Excelsior zurückgelegt. Die offene Adria war rau und der Seewind wurde zunehmend stärker, als sich plötzlich und unerwartet die Sonne bahnbrach.
Odice schlug den Kragen ihres Pelzmantels hoch, schloss die Augen und hielt das Gesicht in die Sonne, als Julien plötzlich stehenblieb.
Odice blinzelte gegen das Licht. Er hatte ihre Hand losgelassen und sich vor ihr aufgebaut. In seinen schönen Augen lag der lebhafte Ausdruck, der forschende Künstlerblick, den sie schon vorhin beim Shooting wahrgenommen hatte.
Er zückte die große Nikon-Digitalkamera, die er nicht bei Émile gelassen hatte und begann, sie zu fotografieren.
»Ich muss dich einfach fotografieren, Odice. Du bist so unglaublich schön und das Licht ist perfekt!« erklärte er begeistert, während er den Blickwinkel änderte und innerhalb kürzester Zeit zig Aufnahmen machte.
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