Nur eine Liste by Ravensburger

Autor:Ravensburger
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Ravensburger
veröffentlicht: 2012-12-17T23:00:00+00:00

22

Es klingelt zur sechsten Stunde. Abby winkt Lisa hinterher, die von ihrem Labortisch aufspringt und auf dem Gang verschwindet. Lisas nächster Kurs findet am anderen Ende der Schule statt und sie muss aus Erdkunde rausstürzen, um es pünktlich zu schaffen. Sie haben eine Abmachung, dass Lisa den Großteil der praktischen Laborexperimente und die Berechnungen macht, während Abby die Ergebnisse notiert und ihren Arbeitsplatz hinterher aufräumt. In Abbys Augen ist das ein perfekter Handel. Da Abbys nächster Kurs Sport ist, lässt sie sich Zeit, die Reliefkarte wieder zusammenzurollen und die Gesteinsproben in den Lehrmittelraum zurückzubringen, Sport hasst sie nämlich fast ebenso sehr wie Erdkunde.

Sie will gerade das Klassenzimmer verlassen, als ihr Lehrer, Mr Timmet, seinen Stift in die Höhe hält.

„Abby?“

Sie bleibt direkt vor der Tür stehen und dreht sich zum Lehrerpult, dabei achtet sie darauf, dass sich ihr Körper im Gang befindet. „Ja, Mr Timmet?“

„Ich fürchte, wir haben ein kleines Problem.“ Nachdem er sie herangewinkt hat, schiebt er Papiere auf dem Tisch hin und her und vermeidet Augenkontakt. „Zwischen deinen ersten beiden Tests und dem unvollständigen Arbeitsblatt am Montag hast du in meinem Unterricht nicht gerade Glanzleistungen erbracht.“

Mist. Das Arbeitsblatt vom Montag. In der ganzen Aufregung wegen der Liste hat Abby vergessen, die Lösungen von Lisa abzuschreiben.

„Abby, ich weiß, wir scheinen gerade erst wieder mit der Schule angefangen zu haben, doch die ersten Zensuren liegen bereits vor“, fährt er fort und zieht einen hellblauen Umschlag hervor. Es ist ein Bericht über ihren Leistungsstand. „Lass das bitte bis Ende der Woche von einem Elternteil unterschreiben.“

Abby steckt die Hände in die Taschen ihrer Jeans, bis tief zu den verflusten Säumen. „Aber ich gebe mir Mühe, Mr Timmet. Wirklich.“ Sie versucht, niedlich verzweifelt und verletzlich zu klingen. Bei Lehrern wie Mr Timmet, die sich immer noch für jung halten, die glauben, ihre Schülerinnen könnten sie attraktiv finden, funktioniert diese Masche. „Und es tut mir leid wegen des Arbeitsblatts am Montag. An diesem Morgen ist etwas Aufregendes passiert und ich …“ Abby redet nicht weiter, sondern hofft, auf Mr Timmets Gesicht würde sich die Andeutung einer Ahnung zeigen, dass er von der Liste wusste. Oder zumindest Sympathie. „Ist ja auch egal, ich wollte es wirklich machen. Ehrlich.“

Mr Timmet schiebt die Brille in die Haare und reibt sich die Augen. „Wie ich schon sagte, Abby, es geht nicht nur um das Arbeitsblatt am Montag. Ich freue mich, dass du dich bemühst, und ich möchte, dass du weißt, dass es noch nicht zu spät ist, um etwas an deiner Note zu ändern. Denk dran, wir schreiben nächste Woche eine wichtige Klausur und ein gutes Ergebnis könnte deinen Durchschnitt so weit anheben, dass du den Kurs bestehst. Trotzdem muss ich deine Eltern darüber informieren, dass du das Kursziel nach dem momentanen Stand nicht erreichst.“

Abby bekommt weiche Knie. Durchfallen? Jetzt schon?

Sie hat mit großen Hoffnungen angefangen. Dass sich die Highschool von der Achten unterscheiden würde, dass sie es schaffen würde, wenn sie sich anstrengte und für sich eintrat und alle möglichen Deals mit ihren Lehrern abschloss, um Extrapunkte zu ergattern und Prüfungen aufzubessern.

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