Null Uhr Managua by D.B.Blettenberg

Null Uhr Managua by D.B.Blettenberg

Autor:D.B.Blettenberg [D.B.Blettenberg]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Pendragon
veröffentlicht: 2015-12-04T00:00:00+00:00


22

Barbara schien jede Gerade und jede Kurve der Strecke vertraut zu sein. Schweigend steuerte sie ihren Wagen die Carretera Sur hinauf. Die dunklen Dieselfahnen der schwerbeladenen Laster, die im Schrittempo die Steigung hochkrochen, lösten sich langsam in den weißgrauen Nebelwolken auf, die über der Höhe von Las Nubes hingen.

»Wie im schottischen Hochland.« Nordmann schloß das Seitenfenster, denn es war spürbar kühler geworden.

Sie nickte nur.

Ihr war nicht nach Unterhaltung. Was sie tat, das tat sie konzentriert und professionell. Er respektierte das und hing weiter seinen eigenen Gedanken nach. Er hatte sich auf Barbara gefreut. Der Tag war wie im Flug vergangen. Zum Auftakt hatte er seine Probe in der Klinik abgegeben, danach Gespräche geführt. Alle waren freundlich und angeblich hilfsbereit. Aber er erfuhr nichts, was nicht irgendwo nachzulesen war. Wenn es um die Kontrolle des Militärs über Ermittlungen und Gerichtsbarkeit ging, stand er vor einer Mauer. Er hatte jedoch nicht vor, sich den Schneid abkaufen zu lassen.

Was die Spurensuche anging, so schien Sandro Blanco erfolgreicher gewesen zu sein. »Teniasis«, hatte er Nordmann eröffnet, als er ihn am Nachmittag aufsuchte.

»Du hast einen Bandwurm, Max.«

»Mist!«

»Kein Grund zur Aufregung. Wenn es sonst nichts ist. Das Ding werden wir schnell los.« Er zückte einen Füllfederhalter und schrieb mit grüner Tinte ein Rezept aus. Dann verschwand Sandro Blanco einen Moment durch die Perlenketten in die Kammer und kramte dort herum. »Hier«, rief er.

Nordmann ging zu ihm und sah, daß der Doktor sein eigenes Labor hatte. Sandro Blanco rüstete ihn mit einem passenden Gefäß und Formalin aus und gab dabei genaue Instruktionen, wie die Beute zu sichern war. Er wollte alles – und möglichst am Stück.

»Aber erst übermorgen, nachdem du die letzte Probe auf okkultes Blut genommen hast. Dann kannst du zuschlagen. Such dir ein paar Stunden aus, in denen du Ruhe hast. Erst die Tabletten, um das Biest zu vergiften, dann das Abführmittel.«

Nordmann nickte tapfer.

Der Doktor grinste. »Es ist wirklich nichts Besonderes, Max. Es ist auch nicht ansteckend.«

»Es mag ja harmlos sein, aber irgendwie ist es unangenehm.«

»Ästhetische Probleme, was?« Sandro Blanco lachte. Nordmann hatte darauf nicht geantwortet.

»El Cruzero ist die politische Hochburg von Arnoldo Alemán.« Barbara riß ihn aus den Gedanken, als sie die Höhe erreicht hatten und durch den Ort fuhren. »Er begünstigt die Gemeinde, wo er kann. Sieh dir nur die pompöse Straßenbeleuchtung an.«

Moderne Bogenlampen verzierten die Durchgangsstraße in regelmäßigen Abständen und auf mehreren Kilometern Länge. Daß sie bereits am späten Nachmittag in den Nebel der Hochebene leuchteten, gab dem Arrangement etwas besonders Fortschrittliches. Einige der Häuser waren frisch renoviert, aber die meisten sahen verwittert und heruntergekommen aus. Trotzdem war zu erkennen, daß El Cruzero einmal eine wohlhabende Siedlung gewesen sein mußte.

»Der Ort sieht eher verlassen aus«, stellte Nordmann skeptisch fest.

»Es wird wieder besser. Vielleicht kann die Kommune an alte Tage anknüpfen. Hier oben haben mal die wirklich Wohlhabenden gelebt. Die, die es sich leisten konnten, im kühlen Klima über Managua zu residieren. Alles blühte und gedieh – bis der Vulkan aktiv wurde.« Sie machte eine Handbewegung nach links in die verhangene Landschaft. »Der Berg liegt bei Masaya.



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