Not am Mann - Roman by Aufbau

Not am Mann - Roman by Aufbau

Autor:Aufbau
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau
veröffentlicht: 2012-12-31T16:00:00+00:00


Kapitel 13,

in dem Sebastian unfreundlich lächelt und nichts geschenkt bekommt.

»Bohnenkämper – Unser Fleisch gehört zur Familie!«, stand in gebogener Schreibschrift auf den Lastwagen, die das Werksgelände verließen und an Sebastian vorbeidonnerten. Darunter grinste ein Cartoon-Schwein mit Kleeblatt im Maul. Das gleiche Motiv gab es noch mit einer Kuh und einem Huhn, wobei Letzteres kein Kleeblatt im Schnabel trug, sondern eine Ähre. Ihm leuchtete nicht ganz ein, wie die Glückseligkeit dieser Tiere damit in Einklang zu bringen war, dass der Grund für ihre gute Laune den eigenen Tod voraussetzte. Andererseits war ein trauriges Schwein, das »Hilfe, ich werde geschlachtet!« rief, keine gute Werbung.

In Sebastian sträubte sich alles dagegen, beim Vater von Carolas Freund um einen Job zu betteln. Aber die Versicherung zahlte nicht, er war arbeitslos, und seine derzeit aussichtsreichste Zukunftsperspektive war die Eröffnung einer Surfschule in Thailand – zusammen mit einem deprimierten Lehrer. Jetzt galt es, sich nicht anzustellen. Vielleicht gab es ja bei Bohnenkämper eine IT-Abteilung, und er würde zum Verantwortlichen in Sachen World Wide Wurst berufen.

Der Pförtner wusste von Sebastians Karriereplan freilich nichts und ging wie selbstverständlich davon aus, dass er aufgrund unlauterer Motive oder bestenfalls eines haarsträubenden Irrtums hier war. Sebastian hasste es, wenn Menschen das bisschen Macht missbrauchten, das sie von Berufs wegen hatten. Pförtner, Politessen und Mitarbeiter von Service-Hotlines waren besonders anfällig für derartigen Größenwahn. Als ob einem jemand in allen Lebensbereichen und jeder Hinsicht überlegen war, nur weil man von ihm ein Knöllchen wegen Falschparkens bekommen konnte oder er sich mit Telefon-Tarifen auskannte.

Kaum hatte Sebastian dem Mann erklärt, dass er von Karl Bohnenkämper erwartet werde, schlug die schäbige Unfreundlichkeit in noch schäbigere Unterwürfigkeit um. Der Pförtner griff eifrig zum Telefon und empfing darüber offenbar Anweisungen, die er extra für Sebastian mit übertrieben servilem Nicken bestätigte. Fehlte nur noch, dass er die Hacken zusammenschlug und »Jawoll, Herr General!« rief.

»Sie müssen in die Verwaltung, Gebäude A«, verkündete er stolz, nachdem er aufgelegt hatte. »Dort werden Sie in der vierten Etage erwartet.« Er zeigte ihm den Weg auf der miesen Kopie eines Lageplans und wünschte ihm »Einen schönen Tag noch!«. Sebastian lächelte, so unfreundlich es ging.

Was auf dem Lageplan wie ein Katzensprung aussah, entpuppte sich zu Fuß als ordentlicher Marsch. Immer wieder fuhren vollbeladene Viehtransporter an ihm vorbei. Schwein müsste man sein, dachte Sebastian, dann wird man hier wenigstens gefahren. Wenn auch mit dem klitzekleinen Wermutstropfen, dass der Fahrservice in der Schlachtanlage endete. Sebastian verlor sich zwischen riesigen grauen Trapezblechhallen, die von der Schlachtung und Zerlegung über das Kühlhaus und die Verpackung bis hin zum Fuhrpark alles beherbergten, was man brauchte, um aus einem Schwein im Stall eine Wurst in der Metzgerei zu machen.

Endlich erreichte er die Verwaltung. Auf der vierten Etage war von der industriellen Spröde und dem todgeweihten Vieh nichts mehr zu sehen: dunkelblauer Teppich, Lederstühle, holzvertäfelte Wände, hier und da ein Gemälde, das alte Männer zeigte, die sich offenbar in Sachen Fleisch unsterblich gemacht hatten. Von denen sollte man sich wohl eine Scheibe abschneiden. Sebastian irrte durch die Flure, bis er das Sekretariat von Karl Bohnenkämper fand.



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