Nonni und Manni by Jón Svensson
Autor:Jón Svensson [Svensson, Jón]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-01-21T00:00:00+00:00
6. Das Gelübde
Wir müssen ausgesehen haben wie echte Schiffbrüchige, so wie wir dasaßen, zusammengekauert, bleich und matt, ganz durchnäßt, und ich dazu in bloßen Hemdärmeln, von denen der eine nur mit Not um meinen Arm gebunden war.
Wir waren aber auch beide ganz elend; es konnte nicht lange so weitergehen.
Es mußte bald Hilfe kommen, sonst war es aus mit uns.
Manni unterbrach die längere Pause:
„Wie geht es dir, Nonni?“
„Ich fühle mich sehr schwach. Mit dir wird’s wohl gerade so sein.“
„Ja, es ist mir, als wollte ich in Ohnmacht fallen. Doch, Nonni, mir ist eben ein Gedanke gekommen: Seeleute, die in Gefahr sind wie wir, machen, wie man sagt, Gott oft ein Gelübde für den Fall, daß sie gerettet werden. Sollen wir das nicht auch tun? Vielleicht hilft er uns dann eher.“
„Das ist ein guter Gedanke. Aber was meinst du, welches Gelübde sollen wir machen?“
Manni antwortete:
„Du erinnerst dich doch wohl der Geschichte, die unsere Mutter von Franz Xaver erzählte, dem großen Missionar in Indien?“
„Ja, Manni, ich erinnere mich sehr gut.“
Unsere Mutter hatte zu Hause — obgleich wir Protestanten waren — eine Lebensgeschichte vom heiligen Franz Xaver und erzählte uns zuweilen über seine Missionstätigkeit in Indien und Japan.
Ferner hatte sie uns gerade in den letzten Tages manches über die Peterskirche in Rom erzählt.
Das ist, sagte sie, die größte und schönste Kirche der ganzen Welt. In ihr wohnt der Heiland und erhört dort alle guten Menschen, die ihn besuchen.
Im Mittelalter, sagte sie weiter, seien auch manche Isländer nach Rom gewallfahrtet. Damals sei ganz Island katholisch gewesen.
Diese Erzählungen hatten auf uns beide großen Eindruck gemacht.
Daran dachte Manni jetzt wieder. Deshalb sagte er:
„Kannst du dich erinnern, welch heiliger Mann dieser Franz Xaver war?“
„Ja, gewiß“, antwortete ich.
„Weißt du nun was, Nonni? Sollten wir nicht Gott das Gelübde machen, daß wir, wenn wir groß geworden sind, auch für ihn arbeiten und die Heiden bekehren wollen, gerade wie Franz Xaver?“
Ich stutzte über Mannis Vorschlag. Mir schien, sein Gelübde sei etwas dreist.
Doch ging ich darauf ein und sagte:
„Das ist ein großes Gelübde, aber ich will es doch gern mit dir machen.“
„Laß es uns aber gleich machen, Nonni, sonst möchte es zu spät werden.“
Wir sammelten uns einen Augenblick und gelobten Gott, wir wollten de heiligen Franz Xaver nachahmen, wenn er uns aus der Gefahr errette.
Als wir fertig waren, sahen wir beide umher, in der Hoffnung, die Hilfe würde wohl sofort kommen.
Aber ... es war nichts zu sehen.
Wir setzten uns wieder auf die Bank. Ich merkte, daß Mannis Zustand sich verschlimmert hatte.
Er sah aus, als sei er dem Tode nahe.
Ich drückte ihn an mich und schlang meine Arme um ihn.
Er schloß die Augen, lehnte den Kopf an meine Brust und bewegte sich nicht mehr.
Das dauerte längere Zeit.
Ein Schauer fuhr mir durch die Glieder!
Lag mein Bruder in Ohnmacht? Oder schlief er? Oder war er vielleicht am Sterben?
„Allmächtiger, lieber Gott, ach, hilf uns! Hilf uns!“ wiederholte ich in einem fort.
Plötzlich fing Manni zu meiner großen Freude an sich in meinen Armen zu bewegen, doch ohne die Augen zu öffnen.
Mehrere Male hob er die Arme in
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