Nippon Connection by Michael Crichton

Nippon Connection by Michael Crichton

Autor:Michael Crichton [Crichton, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-06-06T04:00:00+00:00


Ich blieb an der Rückwand des Hörsaals stehen und wartete, bis Phillip Sanders seine Vorlesung beendet hatte. Er stand vor einer Tafel, die über und über mit komplizierten Formeln beschrieben war. Etwa dreißig Studenten saßen vor ihm, von den meisten konnte ich nur den Hinterkopf sehen.

Dr. Sanders war ungefähr vierzig Jahre alt und einer dieser energiegeladenen Typen, die ständig in Bewegung sind, ständig auf und ab gehen. Er schrieb die Gleichungen mit kurzen, ruckartigen Bewegungen an die Tafel, während er über die ›Bestimmung des Verhältnisses von Signal zu Kovariante‹ und das ›faktorielle Delta-Bandbreitenrauschen‹ dozierte. Mir war zunächst völlig schleierhaft, um was es eigentlich ging, aber dann vermutete ich, daß es sich um Elektrotechnik handeln müsse.

Nachdem ein Gong das Ende der Vorlesung angekündigt hatte, standen die Studenten auf und packten ihre Taschen. Zu meinem Erstaunen waren es fast ausschließlich Asiaten, weiblich und männlich, die wenigsten aus Indien oder Pakistan. Unter den etwa dreißig Studenten waren nur drei Weiße.

»Richtig«, sagte Sanders, als wir den Gang zu seinem Labor entlanggingen. »Eine Vorlesung wie Physik eins-null-eins interessiert Amerikaner nicht. Das geht nun schon seit Jahren so. In der Industrie bewerben sie sich auch nicht. Ohne all die Asiaten, die hier ihr Diplom in Mathematik und Elektrotechnik machen und dann in amerikanischen Firmen arbeiten, wären wir vollkommen aufgeschmissen.«

Wir stiegen eine Treppe hinunter und bogen nach links in einen Kellerkorridor ein. Sanders ging sehr schnell.

»Das Problem ist, daß sich das allmählich ändert«, fuhr er fort. »Immer mehr meiner asiatischen Studenten gehen wieder in ihre Heimatländer. Die Koreaner kehren nach Korea zurück, auch die Taiwaner bleiben meist nicht hier; nicht einmal die Inder. Der Lebensstandard in ihrer Heimat steigt, und bei sich daheim haben sie inzwischen größere Berufschancen. Manche Länder verfügen bereits über eine große Anzahl gutausgebildeter Leute.« Er führte mich im Sauseschritt ein paar Treppen hinauf. »Wissen Sie, in welcher Stadt der Welt es den höchsten Prozentsatz an Promovierten gibt?«

»In Boston?«

»In Seoul. Denken Sie mal darüber nach! So düsen wir ins einundzwanzigste Jahrhundert!«

Wir durchquerten einen anderen Korridor. Dann ging es kurz nach draußen, ins Sonnenlicht, einen überdachten Weg entlang, und dann wieder hinein, in ein anderes Gebäude. Sanders warf mir immer wieder einen Blick über die Schulter zu, als habe er Angst, mich zu verlieren. Dabei redete er ununterbrochen weiter.

»Und da die ausländischen Studenten wieder gehen, haben wir nicht genug Techniker für die amerikanische Forschung, für die Entwicklung neuer amerikanischer Technologien. Das ist eine ganz simple Rechnung. Es fehlt an genügend ausgebildeten Leuten. Selbst große Firmen wie IBM kommen allmählich in Schwierigkeiten. Es gibt einfach keine gut ausgebildeten Leute. Vorsicht, die Tür!«

Die Tür schwang mir entgegen. Ich ging durch und sagte: »Aber wenn es so viele Möglichkeiten für High-Tech-Berufe gibt, lockt das nicht auch die amerikanischen Studenten an?«

»Nicht so stark wie das Investment Banking oder die Juristerei.« Sanders lachte. »Amerika hat zwar keine Techniker und Naturwissenschaftler, aber was das Hervorbringen von Juristen betrifft, da stehen wir an der Weltspitze. Die Hälfte aller Juristen, die es auf der ganzen Welt gibt, sind Amerikaner. Das müssen Sie sich mal vorstellen!« Er schüttelte den Kopf.



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