Nells geheimer Garten by Kitty Ray

Autor:Kitty Ray [Ray, Kitty]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik, Gegenwartsliteratur, Roman
ISBN: 9783499266409
Google: nWTVngEACAAJ
Herausgeber: rororo
veröffentlicht: 2014-11-08T05:00:00+00:00

Kapitel 21

Ellis hatte immer mit ihrer Mutter Probleme gehabt. Als Kind hatte sie gedacht, Laura sei enttäuscht, weil ihre Tochter nicht so hübsch war wie sie. Deshalb hatte sie sich in der Schule immer doppelt angestrengt, um diesen Mangel wettzumachen, aber es hatte nichts geholfen. Ihre Mutter hatte sie zwar immer für ihren Fleiß und ihre Leistungen gelobt, aber nach Wärme und Nähe hatte Ellis sich vergeblich gesehnt. Wie gern hätte sie mit ihrer Mutter gelacht und Späße gemacht, so wie ihre Freundinnen. Es war nicht so, dass Laura sie nicht liebte – das konnte sich Ellis jedenfalls nicht vorstellen – nein, manchmal, zumindest als sie noch kleiner war, hatte sie einfach das Gefühl gehabt, dass Laura sie nicht besonders mochte.

Ihrem Vater stand sie viel näher. Er stammte zwar aus einer streng methodistischen Familie, bei der die Männer das Sagen hatten und die Frauenrolle klar definiert war. Aber William war ganz anders als sein strenger Vater. Er erinnerte eher an einen knuddeligen Teddybären, er war freundlich und lustig und liebte seine Frau und seine Tochter über die Maßen.

Ellis fand, dass er ein Herz aus Gold hatte. Aber je mehr er sich um Laura bemühte, desto kühler wies sie ihn zurück. Die ewige Spannung zwischen der Unzufriedenheit ihrer Mutter und den tapsigen Versuchen ihres Vaters, ihr eine Freude zu bereiten, hatte in Ellis’ Kindheit immer wieder zu Auseinandersetzungen geführt. Zwar hatten sich ihre Eltern meistens hinter verschlossenen Türen gestritten, aber Ellis hatte trotzdem sehr darunter gelitten. Erst viel später hatte sie es geschafft, einen Schritt zurückzutreten und ihre Eltern etwas objektiver zu sehen. Ihr wurde klar, wie sehr ihre Mutter unter der Alltagsroutine litt und wie verzweifelt (und meistens vergeblich) ihr Vater sich bemühte, sie glücklich zu machen. Laura erfüllte ihre häuslichen Pflichten sehr gewissenhaft, um nicht zu sagen zwanghaft, aber sie hasste die Hausfrauenrolle, und Williams Versuche, sie zu verwöhnen, genügten nie. Seine Geschenke – Blumen, Schmuckstücke, Pralinen – nahm sie ungerührt entgegen, manchmal reagierte sie sogar richtig verärgert, und wenn sie sich aus irgendeinem Grund gekränkt fühlte, schmollte sie aus Rache oft tagelang. Es dauerte Jahre, bis Ellis verstand, dass die Kälte ihrer Mutter nichts mit ihr zu tun hatte – nein, sie war einfach unzufrieden mit ihrem Leben. Die Ehe war nicht glücklich, und sie war den ganzen Tag mit einem kleinen Kind im Haus eingesperrt, also war es kein Wunder, dass sie ihre Launen an der nächstbesten Person ausließ, und das war Ellis. Inzwischen waren sie sich näher gekommen, aber es fiel ihr noch immer schwer, mit Laura über persönliche Probleme zu reden. Wahrscheinlich hatte sie sich einfach als Kind angewöhnt, solchen Gesprächen aus dem Weg zu gehen.

Mit jedem Schritt wuchs die Liste der Fragen, die sie ihrer Mutter stellen wollte: Warum war Violet gleich nach Lauras Geburt mit ihr nach London gezogen? Hatte sie von der Beziehung zwischen Nell und Laurence erfahren? Wie hatte Nell den Küchengarten mit der hübschen Orangerie erworben, von wo sie bis zu ihrem Tod ihren Kräuterhandel betrieben hatte? Über das Malletts

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