Nadelstiche by Baden & Kenney

Nadelstiche by Baden & Kenney

Autor:Baden & Kenney [Kenney, Baden &]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-05-14T16:00:00+00:00


25

Hast du die Tasche gestern irgendwann aus den Augen gelassen?«, fragte Jake.

Manny überlegte. »In dem Schnellrestaurant stand sie neben mir auf der Bank. Als ich in der Wohnung in Brooklyn war, hab ich sie nirgendwo abgestellt. Dann hab ich mit den ganzen Polizisten und Staatsanwälten und FBI-Agenten geredet.« Manny zwirbelte sich eine Haarsträhne um die Finger. »Ich glaube, sie war immer bei mir, aber eine ganze Zeit lang hing sie an der Rückenlehne von meinem Stuhl, oder sie stand unter dem Tisch. Da hätte jemand den Brief rausfischen können.«

»Aber wer?«, gab Jake zu bedenken. »Ich dachte, du hast den Cops und FBIlern die Sache mit dem Brief unterschlagen. Außer Paco wusste niemand, dass du ihn hattest.«

Manny nickte langsam, versuchte abzuschätzen, was das bedeutete. »Das mit dem Brief hab ich bewusst für mich behalten. Ich wusste, wenn ich denen den Brief gebe, finde ich nie raus, was drinsteht. Ich wollte ihn erst lesen und ihnen dann vielleicht geben, falls er Informationen enthält, die ich nicht zurückhalten darf. Ich hätte mich damit rausgeredet, dass ich ihn bei der ganzen Aufregung vergessen hab.«

Sie sah Jake in die Augen. »Das bedeutet also, wer auch immer den Brief aus meiner Tasche geklaut hat, hat von Paco den Tipp bekommen.«

»Damit fallen alle Offiziellen schon mal weg«, sagte Jake.

»Tatsächlich?«

Jake legte plötzlich das dringende Bedürfnis an den Tag, die Spülmaschine einzuräumen, etwas, dessen Notwendigkeit ihm ansonsten immer erst einleuchtete, wenn auch der letzte Teller im Haus schmutzig war. Manny wusste, dass er die Zeit brauchte, um eine ruhige Erwiderung zu formulieren. Immer der Wissenschaftler, immer die pure Selbstbeherrschung.

»Jake, überleg doch mal.« Manny stand auf und fing an, Sachen zurück in ihre Tasche zu pfeffern. »Irgendwas ist faul daran, dass Travis von Paco in diesen Kreis hineingezogen wurde. Und die Finger-weg-Haltung der Behörden gegenüber den Sandovals ist noch seltsamer. Woher wollen wir wissen, ob die Sandovals nicht vielleicht mit dem FBI zusammen an irgendeiner Antiterroraktion arbeiten?«

Jake machte bedächtig die Spülmaschine zu. »Welche empirischen Belege hast du dafür?«

»Hab ich dir doch gerade genannt.«

»Du nimmst zwei unerklärte Phänomene, rührst sie zusammen und hast am Ende eine Verschwörung. Als Wissenschaftler suche ich zunächst mal nach der wahrscheinlichsten Erklärung. Wenn die ausgeschlossen wurde – und erst dann –, beginne ich, abwegigere Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen. Wenn du Hufgeklapper hörst, denk an ein Pferd –«

»Ja, ja, ja, und nicht an ein Zebra«, beendete Manny sein Standardbeispiel für ihn. »Dein Problem ist, dass du den Behörden automatisch vertraust, solange du keine erdrückenden Beweise dafür hast, dass das System nicht funktioniert. Ich dagegen stelle jede Autorität automatisch infrage, solange mir die Person, die sie ausübt, nicht bewiesen hat, dass man ihr nichts vorwerfen kann. Und offen gestanden, hat das bislang weder Staatsanwalt Brian Lisnek geschafft noch Botschafter Sandoval – und auch nicht die lustige Truppe von FBI-Beamten, die mich gestern Abend verhört hat.«

Sam hatte den Wortwechsel wie ein Zuschauer bei einem Tennismatch der US-Open verfolgt. Jetzt schaltete er sich ein, ehe sein Bruder antworten konnte. »Ich glaube, Manny liegt nicht ganz falsch. Aber, aber« –



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