Nachtschwärmer by Tony Parsons

Nachtschwärmer by Tony Parsons

Autor:Tony Parsons [Parsons, Tony]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-7325-1275-1
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 2015-07-30T16:00:00+00:00


8

Kurz vor fünf Uhr morgens hielt ich auf einem leer stehenden Parkplatz im Schatten des Kraftwerks Battersea.

DCI Flashmans Mordermittlungsteam vom New Scotland Yard war schon da, vier Detectives, die vor zwei Autos standen. Aufgekratzt und bereit, zuzuschlagen, sprachen sie leise und eindringlich miteinander, während sie brühheißen Kaffee in den Händen hielten. Ihr Atem machte Wölkchen in der eiskalten Luft, und sie stapften mit den Füßen, als wären sie durchgefroren bis auf die Knochen, als hätten sie die ganze Nacht hindurch auf diesen Moment gewartet – als warteten sie schon ihr ganzes Leben darauf.

Die Sonne ging erst in drei Stunden auf, und die hohen Schornsteine des Kohlekraftwerks ragten über uns in den Himmel, von nichts anderem beleuchtet als nebligem Mondlicht.

»Der Suchtrupp war in drei Meilen Umkreis vom Fleischmarkt tätig«, sagte Flashman zu mir. »Nach achtundvierzig Stunden haben sie das hier in einem Müllcontainer am oberen Ende der John Street gefunden, nicht weit von Angel.«

Er reichte mir sein Handy, und ich blätterte durch mehrere Fotos eines Samuraischwerts in einem Asservatenbeutel voller Etiketten. Die gekrümmte Klinge des Schwertes war auf ganzer Länge blutig.

Ich gab Flashman das Handy zurück.

»Haben Sie schon Fingerabdrücke und die Serologie?«, fragte ich.

Die Spurensicherung könnte uns sagen, ob das Schwert von Goran Gvozden berührt worden war, und die serologische Analyse bestätigen, dass das Blut von Lenny Lane stammte.

»Noch nicht«, sagte Flashman. »Aber das hier reicht.«

Er hatte recht. Das hier reichte.

Im Leben eines Polizisten gibt es ein großes zentrales Mysterium, und das lautet: Man weiß nie, was einen hinter der Tür erwartet, die man gerade aufbricht. Man kann es einfach nicht wissen, und das wird sich nie ändern; diese Unsicherheit macht einen in den letzten Minuten, bevor man hineingeht, sehr nervös. Man spürt, wie das Herz pocht und das Blut rauscht, und man versucht, den rasenden Atem zu zügeln.

Und mehr als alles andere möchte man weiterleben.

»Fertig?«, fragte Flashman.

Wir kauerten außerhalb des Double-G-Dōjōs hinter jeder Deckung, die wir finden konnten. Bewaffnete Beamte mit Sturmgewehren von Heckler & Koch lehnten mit dem Rücken an großen grünen Recyclingtonnen. Streifenbeamte duckten sich hinter einem auf die Straße geworfenen Weihnachtsbaum. Detectives in guten Anzügen knieten hinter einem großen schwarzen Streugutcontainer. Und aller Augen hafteten auf dem großen, hellblonden DCI von Scotland Yard.

»Los!«, rief Flashman.

Auf seinen Befehl ging ein uniformierter Polizist mit einem hellroten Rammbock die Stufen zum Eingang hoch und schwang ihn gegen die Tür. Die Ramme, die er hielt, war ein abgewetzter, zehn Jahre alter Enforcer, auch bekannt als der Große Rote Schlüssel, der Klopfer, der Nigel und der Vollstrecker. Er ist 58 Zentimeter lang, wiegt sechzehn Kilogramm und schlug die Tür des Double G ein, als bestünde sie aus Pappe.

Der Beamte mit dem Rammbock trat zurück, und wir stürmten hinein. Alles brüllte, um jeden in Angst und Schrecken zu versetzen, der uns erwartete. Wir rannten die Stufen hinunter, auf denen sich die Schüler vor ihrem Lehrer verneigt hatten, und über die Matten des dunklen, menschenleeren Dōjōs.

Im Büro ging Licht an. Goran Gvozden trat in Boxershorts und einem T-Shirt durch die Tür. Er hielt einen Baseballschläger.



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