Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren by Sinclair Alison

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren by Sinclair Alison

Autor:Sinclair, Alison
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Egmont vgs Verlagsgesell.
veröffentlicht: 2010-02-07T05:00:00+00:00


Telmaine

Als der ältliche Diener die Tür schloss, zauderte Telmaine. Sie hatte getan, was sie tun musste, sagte sie sich, und sich davon überzeugt, dass Ishmael versorgt wurde. Und er würde gewiss gut versorgt werden von diesem beeindruckenden alten Mann, der ihm aufwartete. Sie hatte kein Recht dazu, einfach mit dem Baron allein sein zu wollen, mit Worten zu spielen und ihren Witz an seinem zu messen, seine tiefe, beruhigende Stimme zu hören. Ihn vielleicht abermals zu berühren und seinen warmen, beunruhigenden Geist zu spüren. Sie war eine respektable verheiratete Frau und er ein Magier; sie hatte nicht das geringste Recht dazu.

Sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde, und schreckte zurück, als der jüngere Diener erschien. Er fing ihren Peilruf auf, drehte sich um und sondierte sie mit der Schärfe eines Windes, wie er in den Grenzlanden wehte. Sie brauchte dem Kammerdiener keine Rechenschaft abzulegen, daher drehte sie sich ohne ein Wort um und kehrte mit raschelnden Röcken zu ihrem Zimmer zurück.

Sie hatte gerade die Hand auf die Klinke gelegt, als ein vertrauter Peilruf sie erreichte. »Telmaine!«, sagte Merivan mit ihrer herrischen Stimme.

Ihre Schwester kam herbeigerauscht, hochgewachsen, stark verschleiert und elegant in einem lockeren, kunstvoll gewirkten Gewand. Telmaine verspürte den Impuls, sich ihr in die Arme zu werfen, wie sie sich ihrer Mutter oder einer ihrer anderen Schwestern in die Arme geworfen hätte. Sie hielt sich zurück. Merivans Busen spendete keinen Trost, und sie war viel zu klug. »Meri«, erwiderte sie schwach, »was tust du hier?«

Merivan fasste sie am Arm und zog sie über die Schwelle in ihre Räume. Sie musterte die schlichten Möbel. »Ich nehme an, du bist an dergleichen gewöhnt«, bemerkte Merivan, »angesichts deiner Wahl eines Ehemanns, aber dies ist deiner Stellung kaum angemessen.«

»Die Einrichtung«, erwiderte Telmaine, »war kaum unsere Sorge. Was tust du hier? Ich dachte, du würdest noch einige Tage an der Küste bleiben.«

»Wir waren auch dort, aber Fürst Vladimers Krankheit …«

»Krankheit?«, wiederholte Telmaine scharf. »Fürst Vladimer ist krank?«

»Wenn du nach Hause gegangen wärest, wie du es hättest tun sollen, wüsstest du es. Er ist sehr krank geworden, kurz nachdem du fortgegangen bist – was hast du dir nur dabei gedacht, dich von diesem Mann begleiten zu lassen? –, und sobald alle herausgefunden hatten, dass das Haus in solchem Aufruhr war, haben wir beschlossen, die Kinder wegzubringen. Als wir zu Hause eintrafen, erwartete uns eine Nachricht von deinem Haushalt. Deine Diener fragten sich, wo du warst, denn sie hatten dich vorgestern Abend zu Hause erwartet. Außerdem habe ich eine weitere Nachricht von Mutter und Elfreda bekommen, dass sie ebenfalls von deinem Personal verständigt worden seien und ob ich irgendetwas wüsste. Daher entschied ich, als Theophile in dienstlichen Angelegenheiten zum Regierungssitz musste, ebenfalls mitzukommen, damit wir bei dir zu Hause vorbeischauen konnten. Ich habe kaum erwartet, dich hier vorzufinden, noch dazu in einer solchen Verfassung. Telmaine, was hattest du vor?«

Telmaine holte tief Luft und stieß den Atem wieder aus. Holte noch einmal Luft und atmete wieder aus. Sie hatte keine Ahnung, wie sie diese Frage auch nur ansatzweise beantworten sollte.



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