Nacht und Nebel by Ahmet Ümit

Nacht und Nebel by Ahmet Ümit

Autor:Ahmet Ümit [Ümit, Ahmet]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Geheimdienst, Grossstadt, Istanbul, Kriminalroman, Türkei, Türkische Bibliothek
Herausgeber: Unionsverlag
veröffentlicht: 2015-11-18T16:00:00+00:00


15

Endlich sind wir dem Gewusel der Sicherheitsabteilung entkommen und tauchen wieder in die ruhige Nacht ein. Ich sitze hinter dem Lenkrad, Mustafa nachdenklich auf dem Beifahrersitz. Er will über das Verhör reden, will wissen, wie ich sein Verhalten beurteile, aber er bringt nicht den Mut auf, damit anzufangen. Und ich ermuntere ihn auch nicht. Ich nehme die rechte Hand vom Lenkrad, greife in meine Tasche, ziehe das Notizbuch heraus und reiche es ihm.

»Sieh doch mal nach der Adresse von diesem Şeref, wo ist das?«

In der Dunkelheit kann er nichts sehen, deshalb öffnet er das Handschuhfach. Drinnen geht das Licht an. Er hält das Heft ans Licht und blättert die Seiten durch.

»Muss weiter hinten sein«, gebe ich ihm den Tipp.

»Ja, hier steht es: Şeref Kuru, Cevizli-Straße Nr. 3/3, Bomonti. Sollen wir nun Şeref festnehmen?«

»Und was werfen wir ihm vor?«

»Bedrohung, Menschen hinterlistig um ihre Häuser bringen.«

»Es gibt weder Kläger noch Beweise.«

»Necos Aussage.«

»Vor Gericht taugt die überhaupt nichts.«

»Also, was machen wir dann?«

»Wir machen ihm Feuer unterm Hintern.«

»Mit dem Knüppel draufhauen?«

»Wir machen was viel Besseres.«

Die Straßen liegen verlassen da; nur vereinzelt kommen uns Fahrzeuge entgegen. Schließlich gelangen wir zu Şerefs Haus. In den Wohnungen sind die Lichter erloschen, alles schläft friedlich. Soll ich Mustafa vorschicken?, überlege ich, lasse es dann aber bleiben. Wenn er mich nicht sieht, lässt er sich vielleicht zu Unbedachtheiten hinreißen. Diese Angelegenheit müssen wir ganz ruhig über die Bühne bringen. Mustafa und ich steigen aus. Die Tür des Wohnhauses ist abgeschlossen. Dreimal halte ich lange meinen Daumen auf die Klingel, dort, wo »Şeref Kuru« steht. Kurz darauf geht im zweiten Stock das Licht an. Wir hören, wie oben ein Fenster geöffnet wird. Eine Frau mit Kopftuch erscheint, eine alte Stimme fragt besorgt: »Wen suchen Sie?«

»Wir wollen mit Şeref sprechen.«

»Was wollen Sie um diese Zeit von Şeref? Wer sind Sie denn?«

»Wir sind seine Freunde, Tante. Wenn Sie die Tür öffnen, erzählen wir es Ihnen.«

Die Frau verschwindet, und wenig später erscheint Şerefs verschlafenes Gesicht.

»Wer sind Sie?«

»Ich bin es«, antworte ich und winke ihm mit erhobener Hand zu. »Kommissar Sedat. Erkennst du mich wieder?«

»Bruder Sedat!« Seine Stimme klingt eher neugierig als ärgerlich. »Was gibts? Ist etwas passiert?«

»Nichts Wichtiges. Mach auf und lass uns drüber sprechen.«

Die automatische Türöffnung summt, und die Tür öffnet sich. Wir steigen zum zweiten Stock hinauf. Şeref steht an der Wohnungstür.

»Entschuldige, Şeref, für die Störung. Aber du musst den Burschen identifizieren.«

»Habt ihr ihn geschnappt?«, fragt er ganz erstaunt.

»Natürlich, warum bist du so überrascht?«

»Bin ich gar nicht. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass das so schnell geht.«

»Sieh mal, das nehme ich dir jetzt übel, Şeref. Du unterschätzt die türkische Polizei.«

»Entschuldigen Sie, Herr Kommissar. So habe ich das nicht gemeint.«

Hinter der Tür erklingt die Stimme der alten Frau: »Wer sind diese Kerle, Şeref?«

»Polizisten«, antwortet Şeref mit geringschätzigem Ton, korrigiert sich aber sofort. »Mach dir keine Sorgen, Freunde von mir. Ich soll als Zeuge mit auf die Wache gehen.«

»Jetzt gleich?«

»Die Gerechtigkeit wartet nicht, Mutter«, rufe ich.

»Was ist denn zu bezeugen? Hoffentlich nichts Schlimmes?«

»Es ist nichts weiter. Şeref ist uns Gott sei Dank behilflich.



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