N01 - Dunkle Flut by Maron Isa

Autor:Maron, Isa [Maron, Isa]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: amazon, Thriller, anAndyL, anMehmet
ISBN: 9783832189150
Herausgeber: DUMONT Buchverlag
veröffentlicht: 2016-03-14T23:00:00+00:00

30

Edinburgh

In einem kleinen, unpersönlichen Zimmer sitzen Mabel und Phil mit der Assistentin von Hardburry zusammen, dem schottischen Arzt, der das Mädchen in seiner Obhut hat. Mabel hat das Angebot einer Tasse Tee ausgeschlagen. Auf solche Beruhigungsmaßnahmen kann sie verzichten.

»Wir können sie nicht bei uns zu Hause aufnehmen«, sagt sie entschieden.

Phil zieht die Augenbrauen hoch. Hat er da richtig gehört?

»Das wäre unvernünftig, es wäre einfach zur Zeit nicht das Beste für sie. Sie braucht professionelle Hilfe.«

Phil wartet ab. Jetzt folgt garantiert ein Aber, mit dem sie alles revidiert, wetten?

»Deswegen habe ich ein wenig herumtelefoniert. Und ich habe den besten Platz für sie gefunden. Das Priority Hospital in Roehampton hat eine hervorragende stationäre Abteilung. Dort erhält sie die bestmögliche Versorgung, vierundzwanzig Stunden rund um die Uhr in einer reizarmen Umgebung. Der Leiter ist ein brillanter Psychiater. Ihm traue ich zu, ihre Mauern zu durchbrechen.«

Phil nickt. Heute wird nichts revidiert. Das ist neu.

»Und das liegt in London?«, fragt die Assistentin Hardburrys.

»Ganz in der Nähe unseres Wohnorts«, bestätigt Mabel.

»Sie muss also transportiert werden?«

Ein Schweigen tritt ein, das Phil schließlich bricht. »Das erscheint mir offensichtlich.«

»Mit dem Krankenwagen?« Die roten Lippen von Hardburrys Assistentin verwandeln sich in einen kurzen, geraden Strich. »Oder mit dem Flugzeug? Wie stellen Sie sich das vor?«

»Ich …«, stottert Mabel. »Darüber habe ich ehrlich gesagt noch nicht nachgedacht. Ich …«

»Das Krankenhaus hat schon genug Geld in diese Patientin investiert.«

»Aber ihr muss doch geholfen werden«, flüstert Mabel atemlos. Unrecht ist das Einzige, was sie verstummen lässt.

»Sie … Sie könnte doch mit uns fahren.«

»Vielleicht. Aber ich nehme an, dass wir dafür die Erlaubnis der Polizei brauchen«, erwidert die Assistentin. »Wir können sie Ihnen nicht einfach mitgeben.«

Phil räuspert sich. Sie können sie ihnen nicht mitgeben. Als sei sie ein Objekt. Ein Karton irgendwo aus dem Archiv. Ein Gerät, das abgeschrieben ist, aber noch nicht weggeworfen werden soll. Das jeder als sein Eigentum beansprucht, aber niemand unterhalten will. Das hat er oft genug erlebt.

»Vielleicht muss sie unter Polizeiaufsicht transportiert werden«, fährt die Assistentin fort. »Und was das wohl wieder kostet?«

»Die Kosten lassen Sie mal unsere Sorge sein.« Phil ist sichtlich verärgert. Hier wird die ganze Zeit am Thema vorbeigeredet. Dauernd geht es um Formalitäten und Finanzen, Dinge, die an letzter Stelle stehen sollten und nicht an erster. »Ich bürge für sie.«

»Das Krankenhaus hat ein Sonderbudget für diese Angelegenheiten«, erklärt Hardburrys Assistentin und sieht Phil erschrocken an. »Wir können für bestimmte Ausnahmefälle Geld beantragen. Wenn ich …«

»Wie lange dauert das?«

»Ich weiß es nicht, vielleicht eine Woche. Ich könnte persönlich in der Abteilung nachfragen.«

»Nicht nötig. Ich trete in Vorleistung. Regeln Sie das einfach im Nachhinein.«

»Je länger es dauert, desto schwieriger wird es, sie hier wieder herauszuholen«, sagt Mabel und strafft den Rücken. »Das habe ich im Internet gelesen, in einem sehr guten Artikel, und es klang absolut plausibel.«

»Die Kriminalpolizei muss erst die Genehmigung erteilen, dass Sie sie im Auto mitnehmen dürfen.« Die Assistentin zögert. »Es könnte schließlich sein, dass sie … Dass sie vor Ihnen auf der Flucht war … Und dann hätten wir sie Ihnen einfach so mitgegeben.

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