Mysterien der Zeit (German Edition) by Mengel Regina

Mysterien der Zeit (German Edition) by Mengel Regina

Autor:Mengel, Regina [Mengel, Regina]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-01-23T23:00:00+00:00


Teil 2 – Köln, 1968

1. Noch fünf Tage

Montag, 7. Oktober, 1.03 Uhr

„Da bist du ja. Was war denn? Warum hat das so lange gedauert?“ Lydia überschüttete Anna mit Fragen. Sie bemerkte nicht, dass Anna stumm blieb. „Nun komm, lass’ uns flott die Beine in die Hand nehmen, bevor wir doch noch eingebuchtet werden!“, schloss sie schließlich und schob Anna vor sich her. Sie gingen um einige Ecken, ehe sie vor einem hellblauen VW-Käfer anhielten.

„Na, der hat aber schon einige Jahre auf dem Buckel“, entfuhr es Anna. Sie legte die Hand auf das Dach des betagten Fahrzeugs.

„Du willst mich wohl auf den Arm nehmen, der ist doch gerade mal drei Jahre alt.“ Eine Spur Empörung lag in Lydias Stimme. „Tu nicht so, als ob du das Auto zum ersten Mal sehen würdest.“

Anna zuckte zusammen. „Ich mach’ nur Spaß“, sagte sie schnell. Wenn sie sich nicht verraten wollte, musste sie vorsichtiger werden. Klar war der Wagen im Jahre 1968 neu. Sie durfte die Dinge nicht aus ihrem 2010-er Blickwinkel betrachten. Wenn sie nur nicht so müde wäre, schließlich konnte sie auf die Erinnerungen Annemaries zurückgreifen, da sollte es doch machbar sein, die Fettnäpfchen zu umschiffen.

Lydia lenkte den Wagen durch die Stadt in Richtung Universität. Es ging gemächlich voran, die Straßen waren lange nicht alle asphaltiert, gelegentlich holperten sie sogar über Kopfsteinpflaster. Die Federung des Käfers ächzte, so manchen Schlag konnte der Wagen nicht abfangen, so dass Anna ganz schön durchgeschüttelt wurde. Unterwegs betrachtete sie die Stadt. In ihrer Vorstellung hatte Köln in den Sechziger Jahren kahl ausgesehen, wahrscheinlich hatte sie das mit den Nachkriegsbildern verwechselt. Tatsächlich wich das Stadtbild nicht so sehr von seiner späteren Erscheinung ab. Jetzt in der Nacht waren natürlich deutlich weniger Fahrzeuge unterwegs als im Jahr 2010, hier und da klaffte eine Baulücke und zahlreiche Straßen folgten einer anderen Führung, doch im Großen und Ganzen erkannte Anna die Stadt, in der sie lebte. Oder besser in der sie später lebte, allerdings würde sie erst in sechs Jahren geboren werden. „Du lieber Himmel, ist das verwirrend“, ging es ihr durch den Kopf. Es gelang ihr nicht, sich zu konzentrieren, das Gefühl die Umgebung zu kennen und sie gleichzeitig neu zu entdecken, irritierte sie. Außerdem war sie hundemüde.

An Schlaf war allerdings nicht zu denken. Sie brauchte Unterstützung. Und fünf Tage waren zu knapp für Sperenzchen. Sie rubbelte mit dem Zeigefinger über die Lippe und hielt erst inne, als sie Blut schmeckte.

Der Wagen rumpelte durch ein Schlagloch und Anna schlug mit dem Kopf gegen die Seitenscheibe. „Aua.“ Sie rieb sich die schmerzende Stelle. Ein merkwürdiges Gefühl, so ohne Anschnallgurt in einem Auto zu sitzen.

Wo war sie in ihren Überlegungen stehen geblieben? Genau. Sollte sie Lydia in ihre Aufgabe einweihen? Oder lieber nicht? Annemarie vertraute ihrer Freundin, andererseits vertraute Annemarie vielen Menschen.

„Wo fahren wir eigentlich hin?“, fragte Anna.

Lydia sah auf. „Sag mal, irgendetwas ist doch vorgefallen. Was ist nur mit dir los?“ Sie legte eine Hand auf Annas Arm. „Wir fahren zurück ins Wohnheim, so hatten wir das ausgemacht. Oder willst du nun doch nach Hause?“

„Nein, nein, ist schon gut so“, antwortete Anna rasch.



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