Mutterliebe by Marie Louise Fischer

Mutterliebe by Marie Louise Fischer

Autor:Marie Louise Fischer [Fischer, Marie Louise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2017-04-20T00:00:00+00:00


* * *

Einem satten Tier gleich, steht Karl Berghofer vor Maria Theresia. Er lacht, zündet sich eine Zigarette an, spuckt in den Aschenkübel … Maria Theresia liegt mit geschlossenen Augen da, zerschlagen, voll Ohnmacht. Nach allem, was geschehen ist, kann kein Mensch weiterleben.

Karl Berghofer wirft die Zigarette zu Boden und tritt mit den Füßen darauf. 'Wer hat dir das Geld für die Reise nach Hamburg gegeben?'

Maria Theresia schlägt die Augen auf. 'Mein Geld ist mein Geld, ich hab’s mir selbst erarbeitet.'

Karl Berghofer hebt vom Boden Maria Theresias Ledertasche auf. Scheine und Münzen knistern und klirren in seinen Fingern.

'Bist lieb. Komm, steh auf, zieh dich an, darfst mit mir ausgehen.'

Maria Theresias Weg ist noch nicht zu Ende gegangen. Die Küche ist nicht zusammengebrochen. Rauchschwaden hängen noch immer an der Decke, der eiserne Topf liegt immer noch auf dem Fußboden.

'Wirst du ein neues Leben anfangen, Karli?'

'Vielleicht. Und du, was wirst du machen? Wirst du bei mir bleiben?'

'Ja.'

'Warum?'

'Weil ich deine Frau bin.'

'Aber – wenn ich dich nicht will?'

'Du willst mich nicht.' Keine Frage ist’s, die Maria Theresia ihrem Gatten stellt, nur vor sich hingesprochen sind die Worte: 'Du willst mich nicht. Was war das dann –?'

Karl zählt Geld. Maria Theresias Geld. Einhundertsechsunddreißig Schillinge.

Dumpfheit, tierische Dumpfheit stiert aus Karl Berghofers Augen, klingt aus seinem Mund. 'Weil du gerade da warst.'

'Sonst nicht?'

'Ich glaub’ nicht!'

Maria Theresia spürt keinen Haß. 'Die Kinder brauchen einen Vater.'

'Ja, ja, ich weiß schon.'

'Wir wollen ganz neu anfangen.'

'Neu? Na ja, wär’ nicht schlecht, aber wie?'

'Ich nehm’ eine Stelle an als Köchin.'

'Ja, ja, du, aber ich, du siehst doch, daß ich krank bin.'

'Du wirst gesund werden, Karli, dich nehmen s’ bestimmt als Fleischerbursch.'

'Als Fleischerbursch?' wiederholt Karl höhnend. 'Und was ist dann?'

'In einem Jahr haben wir uns Geld erspart. Die Sophie und der Georg werden sich freuen, wenn wir nach Graz kommen.'

'Nach Hause? Nach Graz? Na, wenn du meinst – mir ist alles recht.'

Maria Theresia, die Getretene, die mit Schande und Schmutz Beworfene, will Karls Retterin sein. Sie ahnt, daß es solche Menschen wie Karl auf der Welt gibt und geben muß. Steht doch in der Bibel geschrieben ein Wort: Sauerteig. Ihre Mutter nahm Sauerteig, wenn sie Brot buk. Saures, nicht Genießbares wurde in gutes, gesundes Mehl geworfen, damit Brot daraus werde. Er, Karli, ist solch ein Sauerteig, ein schwarzes Korn, ausgespien –

Karl läßt seine Frau für sich denken, für sich arbeiten. Er kostet seine Überlegenheit über Maria Theresia bis zur Neige aus. Was will die Welt von ihm? Seinen Kinder geht es gut. Und wenn es ihnen nicht gut ginge, ihm wäre es keine Last. Das Haus Lange Gasse 13 ist in fremden Händen. Und wenn es anders wäre, ihn würde es nicht stören. Übers Meer will er, dort drüben über dem großen Wasser soll ein großes Land sein. Amerika. Auf der Landstraße haben sie erzählt, jeder Mensch könne in Amerika zu viel Geld kommen. Auf der Straße soll in Amerika das Geld liegen, viel Geld. Warum soll er, der hier in Europa heruntergekommen ist, nicht in Amerika sein Glück versuchen? Er wird sich bücken und das Geld von der Straße aufheben.



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