Mummenschanz by Terry Pratchett

Mummenschanz by Terry Pratchett

Autor:Terry Pratchett [Pratchett, Terry]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Tags: Fantasy
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2011-11-25T23:00:00+00:00


Als Agnes das Zimmer betrat, schlief Christine bereits und schnarchte wie jemand im Kräuterhimmel. Der Becher lag neben dem Bett.

Ich habe nichts Schlimmes getan, dachte Agnes einmal mehr. Christine mußte einmal richtig ausschlafen. Sie hatte ihr praktisch einen guten Dienst erwiesen.

Ihre Aufmerksamkeit glitt zu den Blumen, unter denen sich ziemlich viele Rosen und Orchideen befanden. Karten hingen an den meisten Sträußen. Offenbar gab es eine ganze Reihe von aristokratischen Männern, die guten Gesang zu schätzen wußten. Besser gesagt, guten Gesang von jemandem wie Christine.

Agnes ordnete die Blumen in der Lancre-Art: Sie hielt die Vase in der einen Hand, den Strauß in der anderen und versuchte dann, beides miteinander zu verbinden.

Der letzte Strauß war der kleinste und in rotes Papier gehüllt. Eine Karte fehlte. Eigentlich fehlten auch die Blumen.

Jemand hatte sechs dunkel angelaufene und spindeldürre Rosenstengel zusammengebunden und sie mit Parfüm besprüht. Der Duft war moschusartig und keineswegs unangenehm, aber die Sache blieb trotzdem ein schlechter Scherz. Agnes warf den Strauß in den Papierkorb, blies die Kerze aus und wartete.

Ohne zu wissen, auf wen. Oder auf was.

Nach ein oder zwei Minuten bemerkte sie einen vagen Glanz, der aus dem Korb drang: ein schwaches Fluoreszieren wie von einem kranken Glühwürmchen.

Sie schob sich vorsichtig näher.

An den Stengeln klebten Rosenknospen, transparent wie Glas und sichtbar nur aufgrund des Glimmens an der Kante jedes Blütenblatts. Es flackerte wie Irrlichter.

Ganz vorsichtig zog Agnes den »Strauß« aus dem Papierkorb und tastete in der Dunkelheit nach dem Becher. Als Vase taugte er nicht viel, doch er mußte genügen. Anschließend setzte sie sich und beobachtete die geisterhaften Blumen, bis…

… jemand hüstelte. Ruckartig hob sie den Kopf und begriff, daß sie eingeschlafen war.

»Verehrteste?«

»Ja?!«

Die Stimme war melodisch. Etwas in ihr ließ vermuten, daß sie jederzeit mit einem Lied beginnen konnte.

»Hör gut zu. Morgen singst du die Rolle der Laura in Il Truccatore. Wir haben viel zu tun. Eine Nacht genügt kaum. Die Arie im ersten Akt wird den größten Teil unserer Aufmerksamkeit beanspruchen.«

Einige Sekunden ertönten Violinen.

»Dein Auftritt heute abend war… gut. Aber in bestimmten Bereichen sind noch Verbesserungen möglich. Paß auf.«

»Hast du die Rosen geschickt?!«

»Gefallen sie dir? Sie blühen nur in der Dunkelheit.«

»Wer bist du?! Habe ich dich vorhin singen gehört?!«

Es war kurz still.

»Ja.«

Dann:

»Befassen wir uns nun mit dem Part der Laura in Il Truccatore, dem ›Meister der Verkleidung‹, auch bekannt als ›der Mann mit den tausend Gesichtern‹…«



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