Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition) by Zach Bastian

Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition) by Zach Bastian

Autor:Zach, Bastian [Zach, Bastian]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-17T16:00:00+00:00


XXII

Schwere Predigt braucht einen schweren Kopf.

Was für ein dummer Spruch, dachte Johann und rieb sich die schmerzenden Schläfen. Sein Kopf dröhnte, er hatte noch den Beerengeschmack des Schnapses im Mund. Übelkeit schwappte durch seinen Körper, verklang und wurde stärker, seine Augen waren geschwollen und gerötet – er fühlte sich schrecklich.

Dass er in der Kirche war und der ausufernden Predigt von Kajetan Bichter folgen musste, verschlimmerte das ganze natürlich um ein Vielfaches. Die Kirche war voll, denn wie Franz Karrer angekündigt hatte, war bald Weihnachten, und der Pfarrer hatte für die kommende Zeit und ihre besonderen Riten viel zu sagen. Als Johann sich sicher war, dass er es keinen Augenblick länger in der Kirche aushalten würde, beendete Bichter die Predigt.

„Amen“, sagte die Gemeinde.

„Amen, Brüder und Schwestern.“ Bichter hielt kurz inne, zögerte. Sein Blick fiel auf die ersten Reihen der groben Holzbänke, auf Karrer und Riegler. Dann schien er sich ein Herz zu fassen und setzte erneut an.

„Noch ein Wort an alle Gläubigen –“

Johann stöhnte innerlich.

„Wie wir wissen, sind die Wege des Herrn unergründlich.“ Bichter holte tief Luft. „Er hat uns ein Rind genommen und Soldaten in unser Dorf geführt. Und ich verstehe, dass viele von euch besorgt sind. Aber wir werden in diesem viel zu frühen Winter deshalb weder Hunger noch Kälte leiden müssen.“ Wieder ein kurzes Innehalten. „Vielmehr hilft dieser Verlust denjenigen, die es am notwendigsten brauchen. Und der unter euch, der nicht barmherzig genug ist, auch in größter Bedrängnis zu teilen, möge sich jetzt erheben.“

Niemand sagte ein Wort, alle schauten betroffen zu Boden. Johann sah, dass Jakob Karrers Gesicht dunkelrot vor Zorn war.

„So lasset euch nicht von Hass, Angst oder Neid leiten, denn dafür ist kein Platz. Hier nicht, und im Himmelreich erst recht nicht!“

Ein kalter Luftzug fegte plötzlich durch die Reihen. Alle drehten sich um.

Der Kommandant stand in der Kirchentür, seine Männer hinter sich. Er klatschte in die Hände, und als er anhob zu sprechen, blitzte kurz ein Lächeln auf seinen schmalen Lippen auf. „Wohl gesprochen, Hochwürden, wohl gesprochen. Wenn dem so ist, werdet Ihr uns hoffentlich ebenfalls an der Messe teilhaben lassen. Meine Männer sind gute Christen und haben schon lange an keiner Eucharistie teilgenommen.“

Bichter zögerte.

Der Kommandant wartete ruhig auf eine Antwort. Gefährlich ruhig.

„Es ist nicht genug Platz in der Kirche. Seht ihr das nicht?“ Jakob Karrer hatte diese Worte gesprochen.

Der Kommandant musterte ihn unbeeindruckt, er sah Franz mit einem Verband neben seinem Bruder sitzen, blickte dann wieder Jakob Karrer an. „Einer wie der andere …“, sagte er leise und schüttelte den Kopf. Dann ging er langsamen Schrittes nach vorne, stellte sich von Angesicht zu Angesicht vor Bichter.

„Nun, ich würd sagen, es ist nur recht und billig, wenn einige Eurer Schäfchen, die jeden Sonntag hier sein können, Platz für meine Männer machen. Ein Sonntag bedeutet für die Euren nichts, für meine Männer alles.“

„Ich – ich …“, stammelte Bichter.

„Ausgezeichnet. Ich wusste doch, dass Ihr die Barmherzigkeit auch lebt“, sagte der Kommandant, drehte sich vor dem verblüfften Pfarrer um und fasste die Dorfbewohner ins Auge. Sein Blick fiel auf die sitzenden Bauern und die stehenden Knechte und Mägde, dann wandte er sich an Jakob Karrer.



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