Monument 14: Die Rettung (3) by Laybourne Emmy

Monument 14: Die Rettung (3) by Laybourne Emmy

Autor:Laybourne, Emmy
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2014-10-22T00:00:00+00:00


Zweiundzwanzigstes Kapitel – Josie

DREIUNDDREISSIGSTER TAG

Bis zum Abendessen gehen wir nicht mehr aus dem Zimmer.

Lori lässt niemanden weg.

»Okay«, sagt sie jetzt. »Wir laufen direkt zur Plaza 900. Wir essen schnell. Und wir gehen gleich wieder zurück.«

»Aber warum?« Aidan will wissen, was los ist. »Warum seid ihr so komisch?«

»Und wann kommt Mario zurück?«, fragt Heather. »Warum ist er nicht schon wieder da? Warum ist er nicht bei uns?«

»Du hast doch gehört, was Josie gesagt hat«, erwidert Lori. »Die Ärzte geben ihr Bestes, und morgen können wir ihn alle besuchen.«

Ich liege im Bett und blicke auf den Drahtgitterrost und die fleckige Unterseite der Matratze über mir.

Ich habe einen schweren Fehler begangen.

Das sehe ich inzwischen ein.

Der Teil meines Gehirns, der noch rund läuft und vernünftig denken kann, murmelt höhnisch vor sich hin: Bist du lebensmüde? Hast du die beiden Typen deswegen zusammengeschlagen?

Ich bin erledigt.

Oder bin ich nur noch ein dummes Tier, das sich von seinen Instinkten lenken lässt? Habe ich Lori verteidigt, weil sie zu meiner Sippe gehört?

Aber durch meinen Fehler ist auch Lori erledigt.

Ich wollte sie retten, und was habe ich getan? Ich habe sie zum Tode verurteilt.

Doch die düsterste, heimlichste Stimme in meinem Kopf flüstert, dass wir sowieso alle sterben werden und dass es nicht meine Schuld ist.

Und das baut mich wieder etwas auf, auch wenn es ein schmutziger, schlechter Gedanke ist. Denn es ist die Wahrheit.

Der Lautsprecher auf dem Gang gongt zum Abendessen. Ein einziges Läuten – die erste Gruppe soll zur Plaza 900 aufbrechen.

Dazu gehören auch wir.

Die Kleinen sagen kein Wort. Sie flüstern nicht mal unterein­ander.

Dabei haben sie bloß Angst, weil wir ohne Mario zur Mensa gehen müssen. Sie haben keine Ahnung, in was für eine Gefahr ich uns alle gebracht habe.

Wir nehmen uns an den Händen. In der Rechten halte ich Aidans Hand, in der linken Heathers. Zwei eiskalte Kinder­hände.

Als wir eintreten, scheint sich ein dumpfes Schweigen auf die Mensa zu legen.

Carlo und die anderen Gewerkschafter sind nicht zu sehen.

Wir gehen zur Essensausgabe.

Lori will, dass wir alle zusammenbleiben. Immer.

Sie glaubt wohl, die Gewerkschafter greifen nicht an, so­lange die Kleinen bei uns sind.

Also stellen wir uns gemeinsam in die Schlange und nehmen uns Tabletts.

Sobald wir uns nähern, verstummen die Leute.

Ein unheimliches Gefühl.

Ein Mann sieht mich an und salutiert verstohlen. Die Frau neben ihm zerrt seine Hand herunter und schiebt ihn schnell weiter.

Wir lassen uns unser Abendessen geben.

»Wo ist der ältere Gentleman?«, fragt die Essensausteilerin.

»Auf der Krankenstation«, sage ich.

»Och, der Arme.« Sie beugt sich vor und flüstert: »Hör mal. Er hat mich doch um etwas gebeten. Ich … ich weiß nicht. Sag ihm, dass ich noch darüber nachdenke, okay?«

»Gerne, Ma’am«, antworte ich und blicke weg.

Sie drückt mir ein zusätzliches Brötchen in die Hand.

»Sag ihm, das ist von Cheryl.«

»Ja, danke.«

Cheryl gibt allen Kids eine extragroße Portion Spaghetti und sogar ein Extrafleischklößchen. Sehr großzügig.

Ein kleiner Junge rennt zu Aidan. Ich glaube, er heißt Jonas.

»Ihr habt Ärger, was?«, sagt er fröhlich. »Mein Daddy hat gesagt, die Gewerkschafter haben’s auf euch alle abgesehen!«

»So ein Quatsch!«, ruft Aidan. »Wir haben ihnen gestern erst unseren Brei und unseren GANZEN Zucker gegeben.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.