Monsieur Blake und der Zauber der Liebe by Legardinier Gilles

Monsieur Blake und der Zauber der Liebe by Legardinier Gilles

Autor:Legardinier, Gilles [Legardinier, Gilles]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-11-25T16:00:00+00:00


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Es war gut zehn Jahre her, dass Blake aus anderen Gründen als seiner düsteren Gedanken wegen bis in die Nacht aufgeblieben war. Wahrscheinlich war der Anlass ein Dinner mit Richard, vielleicht sogar die Hochzeit von Sarah und David gewesen. An diesem Abend aber hatte er sich vorgenommen, etwas herauszufinden.

Er war allein in der Bibliothek und hatte den Schreibtisch freigeräumt, um mit seiner mühsamen Puzzlearbeit fortzufahren. Langsam nahm der Brief Gestalt an. Die vom Klebeband zusammengehaltenen Streifen erinnerten ein wenig an Bastelarbeiten von Kindergartenkindern zum Muttertag, abgesehen von der fehlenden Farbe. Im Augenblick waren in dem Schreiben deutlich drei Absätze zu erkennen. Blake war noch zu sehr mit dem Schriftverlauf beschäftigt, um sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. Er rückte die verbleibenden Streifen hin und her, um einzelne Fragmente miteinander zu verbinden. Der Zustand mancher Streifen, die mehrfach gerissen waren, machte die Aufgabe nicht einfacher. Mit viel Sorgfalt kam er aber letztlich ans Ziel. Als er den letzten Streifen befestigt hatte, nahm er den Brief in die Hand und kniff die Augen zusammen, um Hugos Schrift besser entziffern zu können.

Liebe Mutter,

dem mir selbst gegebenen Versprechen treu bleibend schicke ich Dir erneut unsere Neuigkeiten. Ich hoffe, dieser Brief trifft Dich bei guter Gesundheit an. Langsam gewinnen wir Oberhand über die Kartons. Wir sind wirklich sehr glücklich über unser neues Zuhause. Auch wenn das Haus ein bisschen kleiner ist – wir haben ein Zimmer weniger –, liegt es näher an dem Viertel, in dem Isabella arbeitet, und nur zwei Straßen von einem Park mit Affen entfernt, für die sich Tania begeistert, auch wenn man sich vor ihnen ein wenig in Acht nehmen muss. Deine kleine Enkeltochter hat keine ihrer Freundinnen zurücklassen müssen, da sie immer noch auf dieselbe Schule geht wie zuvor. Für mich ist der Weg zur Uni ein bisschen länger geworden, aber das stört mich nicht. Wenn Du uns besuchen möchtest, worüber wir uns sehr freuen würden, werden wir problemlos einen Platz für Dich finden. Franck und ich sehen uns immer noch zweimal in der Woche. Nach der Erholung, von der ich Dir letzten Monat berichtet habe, hat sich sein Zustand rapide verschlechtert. Vor zwei Wochen war ich ernsthaft besorgt, aber die Ärzte geben sich zuversichtlich. Sie sagen, dass er vielleicht noch mehrere kleinere Rückfälle haben wird, bevor es richtig bergauf geht. Wir unterstützen ihn und seine Freundin, die unsere Sprache immer besser beherrscht, so gut wir können.

Ich finde es immer noch sonderbar, schon so lange nichts Neues aus Deinem Leben zu erfahren, während ich Dir alles über das meine erzähle. Ich will mich nicht aufdrängen, und auch wenn mich Deine Haltung schmerzt, respektiere ich sie. Ich weiß, dass es Franck viel bedeuten würde, Dich weniger feindselig zu wissen. Es wäre ihm ein Trost, den er in seinem Zustand gut gebrauchen könnte. Erst gestern haben wir über Dich gesprochen. Er ist mein Bruder. Ihn in meiner Nähe zu haben hilft mir zu vergessen, wie sehr ich meine Familie, zu der trotz allem auch er gehört, vermisse.

Ich hoffe immer noch auf ein Lebenszeichen von Dir.



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