Mondberge - Ein Afrika-Thriller by Stephan Martin Meyer & Andreas Klotz

Mondberge - Ein Afrika-Thriller by Stephan Martin Meyer & Andreas Klotz

Autor:Stephan Martin Meyer & Andreas Klotz [Meyer, Stephan Martin & Klotz, Andreas]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3981294467
Herausgeber: TiPP 4 Verlag
veröffentlicht: 2012-10-28T23:00:00+00:00


38

Auf dem Gletscher, 18. Juni

Der Himmel hatte sich bleigrau zugezogen, als Tom am nächsten Morgen den Kopf aus der Höhle streckte. Der Wind war schneidend kalt geworden und trieb Schneeflocken vor sich her, die sich zögerlich auf dem gefrorenen Boden niederließen. Dort, wo die Sonne sein sollte, war nur ein heller Schimmer hinter den Wolken. Tom holte die Karte hervor, die er nach den Erzählungen der alten Frau skizziert hatte. Doch er sah bald ein, dass sie keine Hilfe war. Ihre Angaben waren viel zu ungenau gewesen.

Durch ein Loch am Hosenbein zog Wind in Toms Kleidung. Seine Füße waren mit blutigen Blasen überzogen. Die Gummistiefel waren zwar robust, aber lange hielten sie diesen außergewöhnlichen Strapazen sicher nicht mehr stand.

Gerade wollte er sich wieder in die Höhle zurückziehen, als er etwas hörte. Er hielt den Atem an und lauschte angespannt. Stimmen. Menschliche Stimmen. Die Rebellen waren also wieder auf ihre Spuren gestoßen.

»Wir müssen los«, rief er mit gedämpfter Stimme nach hinten. Die anderen schraken aus dem Halbschlaf auf. »Sie sind uns wieder dichter auf den Fersen.« Peter war sofort bei ihm, spähte und lauschte in die Wildnis hinaus.

Ein paar Minuten später huschten sie möglichst leise zwischen größeren Felsen hindurch und zum ersten Mal waren sie froh, dass sich das Wetter verschlechterte. Der Nebel schluckte jedes Geräusch und verbarg sie vor den Blicken ihrer Verfolger. Tom spürte eine unendliche Erschöpfung durch die Anstrengungen der vergangenen Tage; die feuchte Kälte hatte sich an seinem gesamten Körper festgesetzt und seine Muskeln zitterten vor Schmerz. Seine Lungen schmerzten bereits nach wenigen Metern wie nach einem 100-Meter-Sprint und stießen dabei regelrechte Fontänen kondensierter Atemluft aus.

Unterhalb von ihnen waren die Rebellen, dorthin konnten sie nicht zurück. Vor ihnen lag die Ungewissheit. Keiner von ihnen war jemals in diesem Teil des Ruwenzori gewesen.

Der Schwindel nahm wieder zu. Tom glitt immer wieder auf dem gefrorenen Boden aus. Es schien, als wäre es nur eine Frage der Zeit, bis er stürzte und sich verletzte. Oder einer von den anderen. Er schob die Gedanken daran zur Seite. Peter würde sie hier schon rausbringen. Im Gänsemarsch stapften sie schweigend den Berg hinauf. Jeder seine eigene Atemwolke ausstoßend, eingehüllt in den dichten Nebel. Die Landschaft wurde karger mit jedem Meter, den sie höher stiegen. Immer seltener sahen sie Pflanzen. Bachläufe gluckerten unter ihnen. Dann und wann tauchten märchenhafte, von dichten Moosen und saftigen Gräsern umgebene Tümpel aus den Wolken auf, verschwanden jedoch genauso schnell wieder. Aus der dünnen Schneeschicht unter ihren Füßen entwickelte sich mehr und mehr eine durchgehende Schneedecke. Blendend weiß reflektierte sie das helle Licht, das trotz der Wolken und des Nebels diffus auf sie herabstrahlte. Tom hatte große Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Jeder Schritt wurde für ihn zur Qual, jeder Felsen schien wie ein schier unüberwindliches Hindernis.

Er ahnte es, noch bevor er ihn erblickte. Der Junge war wieder da. Er ging neben ihm, so nah wie nie zuvor. Tom hätte ihn berühren können. Diesmal sprach der Junge nicht. Er lief einfach nur neben Tom her, blickte ihn mitfühlend an. Im Gegensatz zu ihm selbst umgab seinen Kopf keine Atemwolke.



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