Mona by Sehlberg Dan

Autor:Sehlberg, Dan
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
ISBN: 978-3-462-30828-0
Herausgeber: eBook by Kiepenheuer&Witsch

Herzlia, Israel

Als einer der höchsten Staatsmänner des Landes und persönlicher Freund von Ben Shavit hatte er jede Befugnis, dort zu sein. Trotzdem machte die Anlage ihn nervös. Sinon fühlte sich beobachtet und schutzlos. Und wenn es einen Ort gab, an dem man seine wahre Identität aufdecken konnte, dann hier, im tiefsten Herzen des Mossad, dem Analyse- und Strategiezentrum des Geheimdienstes in Herzlia, dem kleinen Vorort von Tel Aviv; ein enormer Komplex aus schwarzem Glas und gebürstetem Stahl. Wie immer erschien ihm der Grund seines Besuchs dünn und fadenscheinig. Es kam ihm vor, als müssten alle, denen er begegnete, ihn sofort durchschauen und alles über seine wirklichen Absichten wissen. Aber trotzdem ließen sie ihn ein, tippten seine Fragen in ihre Terminals und begleiteten ihn zuvorkommend, vorbei an endlosen Reihen von Aktenschränken und Serverhallen, um für ihn herauszusuchen, was immer er auch wünschte. In all den Jahren, die er nun schon für Ben Shavit arbeitete, war er sicher ein Dutzend Mal hier gewesen. Hatte wichtige Informationen besorgt, um sie an die Organisation in Palästina zu schmuggeln.

Dieser Abend war etwas Besonderes. Die Ruhe vor dem Sturm. Im Laufe des morgigen Tages würde sich vieles verändern. Dann würde die Virusbedrohung eine neue Dimension erhalten; die Schäden durch digitale Tricksereien mit Einsen und Nullen würde um echte Tote ergänzt werden. Morgen würden Ahmad Waizys Märtyrer ihre Heldentaten in Jerusalem und Tel Aviv begehen. Die Männer waren bereits im Land, und zeitig morgen früh würde die Ausrüstung eintreffen.

Bald war es an der Zeit für ihn, seine Position und das ihm entgegengebrachte Vertrauen zu nutzen, um Ben Shavit dazu zu bewegen, auf die Forderungen der Hisbollah einzugehen. Danach war sein Auftrag beendet, und er konnte endlich die Ungläubigen verlassen und zu den Seinen heimkehren. Er würde zurückkehren als Held, mit dem ganzen Wissen über das innerste Wesen des Feindes. Aber bevor es so weit war, hatte er noch eine weitere Aufgabe zu erledigen. Eine Aufgabe, die er sich selbst auferlegt und mit niemandem abgestimmt hatte. Vielleicht war sie unnötig riskant, geradezu tollkühn. Aber im tiefsten Herzen war er ein Soldat, und er wollte die Befriedigung spüren, dass er persönlich Schaden angerichtet hatte. Diesmal würde er selbst operativ tätig sein, und das war das Risiko wert. Er würde seine Brüder rächen und die jüdische Mörderin töten.

Er hatte einen gefälschten Untersuchungsbericht zum Dubai-Debakel angefertigt. Der Bericht, den er nach Herzlia mitgebracht hatte, trug die gefälschte Unterschrift von Verteidigungsminister Ehud Peretz und gefälschte Stempel des militärischen Geheimdienstes. Dubai war fehlgeschlagen; was hatte aussehen sollen wie ein natürlicher Todesfall, war ein aufsehenerregender Mord geworden. Der Untersuchungsbericht legte offen, an welcher Stelle der Fehler begangen worden war. Er war der Einzige, der wusste, dass der Bericht gefälscht war, und er hoffte inständig, dass er nicht David Yassur oder, noch schlimmer, Meir Pardo über den Weg lief. Aber es war kurz nach 22:30 Uhr, und die Wahrscheinlichkeit, dass einer von ihnen sich draußen in Herzlia aufhielt, war gering.

Es mochte merkwürdig erscheinen, dass er persönlich für dieses scheinbar einfache Anliegen hierherkam, und dann auch noch so spät abends.

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