Mitternachtsschatten by Anne Stuart

Mitternachtsschatten by Anne Stuart

Autor:Anne Stuart [Stuart, Anne]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: MIRA Taschenbuch
veröffentlicht: 2012-12-18T23:00:00+00:00


12. KAPITEL

Rachel-Ann war nicht nach Hause gekommen. Jilly lag mit dem Gesicht nach unten auf ihrem Bett, hellwach, und lauschte. Kein Ton war durch die Wand vom allgegenwärtigen Wetterkanal zu hören, auch keine Schritte von jemandem, der panisch die Treppe hochrannte. Rachel-Ann war bereits weggewesen, als Jilly nach Hause kam, und noch immer nicht zurück.

Die Tatsache, dass auch Coltrane nicht hier war, störte sie hingegen weniger. Jeden Tag, den sie ihm nicht gegenübertreten musste, war ein Segen, vor allem nach dem, was letzte Nacht passiert war. Warum, um Gottes willen, hatte sie ihm erlaubt, sie zu küssen? Und warum hatte er es überhaupt getan? Er musste einen Hintergedanken haben, bestimmt hatte ihn nicht einfach die Leidenschaft überkommen. Er hatte sie gegen die Wand gedrückt und geküsst, und, noch viel schlimmer, sie hatte ihn ebenfalls geküsst. Wenn Rachel-Ann sie nicht unterbrochen hätte, dann wäre sie mit ihm ins Bett gegangen. Nein, das stimmte nicht. Wäre nicht Rachel-Ann dazwischengekommen, dann eben irgendetwas anderes. Jilly hatte ihr Leben lang beobachtet, wie ihr Bruder und ihre Schwester solche Fehler machten. Und Alan allein reichte für ihr ganzes Leben aus, sie würde es bestimmt nicht zur Gewohnheit werden lassen, mit gut aussehenden, herzlosen Männern zu schlafen, die sie nicht einmal wirklich wollten, sondern ihre Schwester.

Sie rollte sich auf den Rücken. Niemals zuvor war sie eifersüchtig gewesen. Jetzt natürlich auch nicht, warum denn auch? Als sie herausfand, dass Rachel-Ann eine Affäre mit ihrem Mann hatte, fühlte sie nur Wut und Erleichterung. Wut darüber, dass Alan sie betrogen hatte. Erleichterung, dass sie nun nicht mehr länger so tun musste, als ob … Rachel-Ann gegenüber hatte sie keinen Ärger empfunden. Ihre Schwester verletzte sich selbst schließlich mehr als sonst jemanden auf der Welt, und Alan war von Anfang an ein Fehler gewesen, eine Enttäuschung. Sie hätte das schon vorher wissen müssen, spätestens dann, als ihre Sorge, das La Casa verlassen zu müssen, sie mehr beschäftigte als ihre bevorstehende Hochzeit.

Sie konnte nicht aufhören, an Sex zu denken, und das war allein Coltranes Schuld. Sie war niemals ihren Hormonen hörig gewesen, ihr kam es eher so vor, als hätte Rachel-Ann zu viel und sie zu wenig davon abbekommen. Natürlich war sie als Mädchen öfter verliebt gewesen und hatte das eine oder andere Date als Teenager gehabt. Manchmal bildete sie sich ein, verliebt zu sein, und mit diesen Männern ging sie dann ins Bett. Einen großen Unterschied hatte sie zwischen ihnen allerdings nie feststellen können.

Eine Zeit lang fragte sie sich sogar, ob sie vielleicht lesbisch war. Sie hätte das absolut in Ordnung gefunden, und Dean wäre darüber bestimmt sehr glücklich gewesen. Aber es gelang ihr nicht im Geringsten, auch nur den Hauch lustvoller Gefühle für eine andere Frau zu entwickeln. Auch wenn sie Frauen im gesellschaftlichen Leben eindeutig bevorzugte, sie reizten sie eben kein bisschen als Sexpartner. Die meisten Männer allerdings auch nicht, was sie schließlich auf den Gedanken brachte, dass sie vielleicht nicht gerade frigide, aber wenig heißblütig war. Alan und sie hatten auch nicht gerade Großbrände gezündet. Sie wusste



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