Mit ein bisschen Glueck by Caprice Crane

Autor:Caprice Crane [Crane, Caprice]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Contemporary
ISBN: 9783596189632
Google: yKHsnAEACAAJ
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2013-08-15T22:00:00+00:00

Ryan öffnet mir die Beifahrertür und geht dann um das Auto herum, um selbst einzusteigen. Ich frage mich, ob er einen Radiosender eingestellt oder eine CD eingelegt hat, was mir einen kleinen Einblick in seine innerste Seele geben würde, aber als er den Wagen anlässt … nichts.

»Also, wo fahren wir hin?«, frage ich.

»Das ist eine Überraschung«, sagt er und wechselt rasch das Thema. »Wussten Sie, dass Big Brad Stevens mit verstellter Stimme unter einem Pseudonym den Verkehrsfunk auf KRST macht?«

Brad Stevens ist unser Mann für den Sport. Er ist der sanftmütigste Psychopath, dem ich je begegnet bin. Ich tausche immer Höflichkeiten mit ihm aus, wenn ich ihm auf dem Korridor begegne, um ihn mir gewogen zu halten, und er ist bisher immer sehr freundlich gewesen, aber ich habe Geschichten über ihn gehört, in denen er ausgeflippt ist und Volontäre in Tränen hat ausbrechen lassen. Und es geht das Gerücht, dass er sich einmal mit Bill gestritten und dabei versucht hat, ihn zu erwürgen. Was so einiges erklären würde, einschließlich der riesigen Kerbe neben Bills Adamsapfel.

»Kann nicht sein«, sage ich. »Wie kommt er bloß damit durch?«

»Er tut es einfach. Eine Menge Leute tun das. Er muss eine Hypothek abzahlen und, na ja … KKCR …«

Ich falle ihm ins Wort. »Ach, Sie brauchen mir nicht zu sagen, wie miserabel die Bezahlung bei KKCR ist.«

»Ich meine … lassen Sie ihn nicht auffliegen.«

»Machen Sie Witze? Glauben Sie etwa, ich will mir den Typen zum Feind machen? Der ist wie Jekyll und Hyde, in dem stecken die sprichwörtlichen schlafenden Hunde. Und offenbar ist er außerdem zwei verschiedene Radiomoderatoren. Passt doch.«

»Tja, wenn er sich Sie jemals zur Feindin macht, haben Sie jetzt ja etwas gegen ihn in der Hand«, sagt er augenzwinkernd. Sofort habe ich Visionen von einem Erpresserbrief mit ausgeschnittenen Zeitungsbuchstaben in unterschiedlichen Schriften und Größen:

ICH WEISS, SIE MACHEN DEN VERKEHRSBERICHT, ALSO HINTERLEGEN SIE $ 10000 IN UNMARKIERTEN SCHEINEN UNTER DEM BAUM, SONST …

Nach einer rund zwanzigminütigen Fahrt – in L. A. braucht man für so ziemlich jede Fahrt zwanzig Minuten – biegen wir auf den La Tijera Boulevard ab, und ich werde nervös. Das ist der Weg zum Flughafen. Falls er glaubt, ich steige jemals wieder mit ihm in irgendein Fluggerät, dann spinnt er. Aber ich halte den Mund. Nach ein paar Querstraßen fahren wir in eine Einfahrt, und ich hätte es mir denken können … Ryan hat sich selbst übertroffen.

Und mit »sich selbst übertroffen« meine ich, er macht sich quasi über unser Date lustig und überzeugt mich gleichzeitig ein Stück mehr davon, dass er und ich die Welt vielleicht durch die gleiche exzentrische rosa Zerrbrille sehen. Nicht schlecht.

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