Mit dem Teufel im Bunde by Oelker Petra

Mit dem Teufel im Bunde by Oelker Petra

Autor:Oelker, Petra [Petra, Oelker,]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-13T05:00:00+00:00


KAPITEL 7

FREITAG, MITTAGS

Die Manufaktur des Kunstblumenmachers war leicht zu finden. Der Baumwall, Teil der langen Straße, die sich bis zur Bastion Albertus am Hafenrand entlangzog, war nach den schwimmenden Baumstämmen benannt, tatsächlich schweren Flößen, die hier mit der Dämmerung als Sperren vor die Zufahrt des inneren Hafens gezogen wurden, zur Sicherheit und im steten Kampf gegen den Schmuggel. Am östlichen Ende ragte das stolze Baumhaus auf, ein gediegenes Gasthaus samt Tanzsaal und Billardstube, in dem die Hamburger ihre großen Feste feierten. In einem niedrigen Anbau befand sich die Zollaufsicht, daneben der Anleger für die Fährewer nach Stade und Buxtehude und nach Harburg an der Süderelbe. Vor der Tür des Zollhauses rauchte ein Zöllner eine übel riechende Pfeife, er kannte sich aus und gab gerne Auskunft. Drei Häuser weiter, ja, dort wo im Souterrain die Schänke Zum alten Schweden ihr Domizil habe, gleich neben dem Küfer, und dann drei Treppen hoch.

«Hoffentlich bekommt Ihr ein reichliches Nadelgeld», brummelte er, «was der Kerl da machen lässt, ist nicht für ’n Sechsling zu haben.»

Anders als etliche hier am Hafenrand war das Haus in gutem Zustand. Rosina konnte kein Schild entdecken, das auf die Manufaktur hinwies, so öffnete sie die Tür neben der Schänke und stieg die dahinterliegende Treppe hinauf. In den ersten beiden Stockwerken befanden sich Wohnungen, sie hörte einen Säugling zornig schreien, jemand spielte auf einer Blockflöte, leider sehr jämmerlich, und im zweiten Stockwerk roch es durchdringend nach Fischsuppe, was sie an ihren nagenden Hunger erinnerte. Die Zeit für das zweite Frühstück war längst vorbei, die süße Schokolade bei Jensen fast vergessen.

Im dritten Stockwerk gab ein Schild dem Zöllner recht. Jacques Joyeux, stand dort, Seidenblumen & Kunstgebinde en gros und en détail. Letzteres war günstig. Wer würde ihr glauben, sie wolle en gros einkaufen?

Rosina lauschte, außer seltsam klopfenden Geräuschen und ein wenig Gemurmel war nichts zu hören, dann drückte sie die Klinke herunter.

Wenn sich auch hier einmal Wohnungen befunden hatten, waren die Wände herausgebrochen worden. Geweißelte Stützbalken waren übrig geblieben, Fenster über die ganze linke Breite des großen Raumes spendeten großzügig Licht. An der gegenüberliegenden Wand standen Regale, deren Fächer mit Schachteln und Stapeln von Bögen bunten Papiers gefüllt waren. Die unregelmäßigen dumpfen Schläge, die sie schon im Korridor gehört hatte, kamen aus einem Raum, der sich hinter der halb geöffneten Tür gegenüber dem Eingang befinden musste. Zehn, vielleicht zwölf Frauen und Mädchen saßen an einem langen Tisch vor der Fensterreihe über ihre Arbeit gebeugt. Drei von ihnen waren noch Kinder, kleine Finger eigneten sich am besten für winzige Blüten wie die des Vergissmeinnichts oder für Knospen. Keine der Arbeiterinnen wirkte verhärmt, kränklich oder auch nur derb wie die anderer Manufakturen, zum Beispiel der Schwarzbach’schen Kattunfabrik oder der Fuhlsbütteler Papiermühle. Vor jeder standen Schachteln und flache Körbchen, in denen ordentlich nach Formen und Farben sortiert ein bunter Flor von Blütenblättern aus Seide, Batist, Samt oder Taft lag. Auf einem weiteren Tisch, der nur zwei Arbeitsplätze bot, sah sie Töpfchen und Gläser mit Farben und feinen Pinseln.

Und dann, auf einem dritten Tisch, entdeckte sie Papierbögen, ein Tablett mit feinen Werkzeugen und Stiften – und einen halbfertigen Fächer.



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