Mindstar 2: Das Mord-Paradigma by Hamilton Peter F

Mindstar 2: Das Mord-Paradigma by Hamilton Peter F

Autor:Hamilton, Peter F. [Hamilton, Peter F.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-06-04T12:22:03+00:00


Kapitel zwölf

»Wie immer erwies sich die grazile Julia Evans fest ihrem vulgären Sinn für Mode verhaftet«, sagte Jakki Coleman. Sie befand sich in ihrer Mittelmeervilla und lungerte auf einem Liegestuhl neben einem nierenförmigen Schwimmbecken. Dahinter war eine Balustrade aus weißen Steinen zu sehen; sie sicherte den steilen Abhang, der zum verschwommen wirkenden blauen Meer hinabführte. In Steintöpfen wuchsen hohe Palmen, deren Wedel sich in einem leichten Wind bewegten.

»Bedenkt man die immerwährende Besessenheit der Nachwelt für den Kult des Gotischen, dann war die Auswahl von Kleidungsstücken für die Grundsteinlegung bei Prior’s Fen in höchstem Maße passend. Denn, sehen wir der Tatsache ins Auge, die arme liebe Julia sieht ja auch aus, als hätte man sie nach ein paar Wochen im Grab exhumiert.«

»MISTSTÜCK!« kreischte Julia.

Ihre Teetasse traf den Flachbildschirm in der Mitte und zerbrach in halbmondförmige Bruchstücke; es war der erstbeste Gegenstand, den ihre suchende Hand erwischt hatte – eine große gelbe und blaue Frühstückstasse von dem Tablett am Bett. Zuckersüße Tropfen rannen am Bildschirm herunter und verschmierten das Bild des dunkelhaarigen jungen Mannes, der aus dem Pool stieg und sich mit dem Handtuch trockenrieb.

Patrick hob den Kopf von dem Kissenberg, der sich auf seiner Betthälfte angehäuft hatte, und blinzelte sich den Schlaf aus den Augen. »Was ist?« grunzte er verschlafen.

»Oh, schlaf weiter.« Julia schoß die Fernbedienung auf den Flachbildschirm ab und malte sich dabei aus, es wäre eine Laserpistole, deren Strahl ein Loch in Jakki Colemans Stirn bohrte, diesen schon leicht gealterten Kopf; und der glänzende blaue Badeanzug verriet, daß auch die Oberschenkel bereits schlaff wurden. Dann verschränkte Julia die Arme unter den Brüsten und funkelte das schwarze Rechteck an.

Das Schlafzimmer war in einer beruhigenden Montage aus rosa und weißen Tönungen dekoriert, extrem weiblich, mit hervorragenden Spitzenrüschen auf allen Möbeln, gedämpftem Licht, einem riesigen Himmelbett mit Romanibaldachin und einem knöcheltiefen Flauschteppich. Es handelte sich dabei um die dritte Neugestaltung in vier Jahren; mit jedem Mal näherte sie sich dabei stärker ihrem Ideal an, der Nachbildung eines romantischen französischen Chateaus, wie sie es insgeheim liebte.

Und was hätte Jakki Coleman dazu gesagt? Miststück!

»Dich regt doch irgend etwas auf«, meinte Patrick.

»Oh, mal wieder ein Volltreffer! Gebt ihm eine Banane.«

»War ich es?«

»Nein«, erwiderte sie gepreßt.

»Ah, okay.« Er sank in die Kissen zurück.

Na, damit war die Morgenlaune wirklich ruiniert, dachte Julia. Sex stand im Moment nicht mehr auf der Tagesordnung.

Sie deutete mit der Fernbedienung aufs Fenster. Die dicken Veloursvorhänge in kaiserlichem Purpur schwenkten zur Seite und gaben den Blick auf den Balkon frei. Genmanipulierte Wisterien, die mit den warmen neuen Jahreszeiten besser fertig wurden, rankten sich um das schmiedeeiserne Geländer und bildeten eine massive Wand aus zarten, malvenfarbenen Blütenbüscheln. Die hinteren Rasenflächen von Wilholm bildeten in ihrer typisch englischen Landhausförmlichkeit einen prachtvollen Hintergrund; Julia konnte gerade eben den langen Forellenteich dort unten sehen, dessen Märchenwasserfall braun gefärbt war von dem ganzen Schwemmsand, den die schweren Regenfälle flußabwärts spülten.

Nicht einmal die naturalistische Perfektion des Gartens besänftigte ihren Zorn. Scheiß auf Jakki Coleman. Wer scherte sich um das, was sie sagte?

Obwohl das nicht mal die halbe Wahrheit war. Julia hatte Schuldgefühle, weil sie Greg gebeten hatte, den Mordfall Kitchener zu untersuchen.



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