Mein zauberhaftes Café by Jana Seidel

Mein zauberhaftes Café by Jana Seidel

Autor:Jana Seidel [Seidel, Jana]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Wilhelm-Goldmann-Verlag
veröffentlicht: 2014-03-27T23:00:00+00:00


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Sonntag, 7. Oktober

6.30 Uhr Chaos beseitigen.

10 Uhr Laden öffnen.

Eine Stunde lang sitze ich am Tresen und warte auf Kundschaft, bis mir klar wird, dass ich mit den Ratten und meinem zickigen Auftritt am Ende der Veranstaltung meinen kompletten Effie-Bonus verspielt habe. Kein einziger Gast steckt seine Nase durch die Tür. Dabei hat meine Konkurrenzanalyse ergeben, dass dies das einzige Café in der Gegend ist, wenn man einmal von dem im Hotel absieht, in dem aber ausschließlich Touristen sitzen. Nun vielleicht sind Effies Gäste jetzt übergelaufen. Das Hotel hat vier Sterne, dürfte also frei von Ungeziefer sein. Von Carlie weiß ich, dass die Einwohner hier früher ihren Brotbedarf gedeckt haben, weswegen ich den Morgen damit verbracht habe, im Dorf nebenan Brot und Brötchen zu besorgen. Eigentlich sollte ich die ja selbst backen oder zumindest frische Teiglinge verwenden. Doch dank umfassender Recherche weiß ich, dass man die billigsten Teiglinge für fast alle Backwaren am besten aus Warschau liefern lässt. Klingt aufwändig, aber man braucht nur alle paar Wochen Nachschub, weil den Dingern irgendwelche Aminosäuren beigemischt werden, die die Waren acht Wochen haltbar machen. Effie hat mich zwar wegen der Teiglinge ausgeschimpft, aber ich denke, als kleiner Kompromiss gehen die in Ordnung – außerdem scheinen das alle so zu machen. Und immerhin gibt es frischen Kuchen.

Traurig blicke ich auf die Auslage, die ich heute Nacht noch bestückt habe, weil ich nicht schlafen konnte. Ich musste auf Anleitungen aus dem Internet zurückgreifen, weil es mir gelungen ist, selbst meinen Hausgeist mit meiner schlechten Laune und meinen Beschimpfungen zu vertreiben.

»Hast du dich beruhigt?«, fragt da eine Stimme neben mir.

Ich versuche, mir nicht anmerken zu lassen, wie dankbar ich Effie für ihre Rückkehr bin, deshalb grummele ich nur. »Den Laden kann ich wohl bald wieder dichtmachen.«

»Und dann möchtest du wirklich die Stellenanzeigen nach Jobs bei Steuerberatern durchforsten? Das war nur ein kleines Missgeschick. Das bekommen wir doch spielend wieder hin, du und ich.« Aufmunternd stupst sie mir in die Seite. Aber natürlich spüre ich nichts. Es wäre schön, wenn sie recht behielte. Aber ich zweifele daran, dass es uns gelingt, diese vermaledeite Situation zu retten. Hamburg zu verlassen und in der Einöde ein Café zu eröffnen, war eine echt dumme Idee. Warum also gebe ich den Irrtum nicht einfach zu und packe meine Sachen?

Weil ich mir eingestehen muss, dass mir ganz mulmig wird bei dem Gedanken, mein zauberhaftes Café zu verlassen und wieder in einem winzigen Büro mit Blick auf grauen Asphalt im Kunstlicht zu hocken.

»Nun ja, das war aber auch ein sehr spezieller Tag.«

»Ja, schon komisch mit den Ratten. Ich habe hier noch nie eine gesehen. Seltsam, dass ausgerechnet gestern welche aufgetaucht sind. Und dann auch noch so publikumswirksam.«

»Jetzt sag nicht, das war ein Wink des Schicksals, der mir irgendetwas Tiefergehendes sagen soll«, brummele ich.

»Nein«, sagt sie nachdenklich. »Aber ich frage mich, ob das wirklich alles nur Zufall gewesen ist…«

»Was sollte es denn sonst sein?«, frage ich überrascht. Doch sie gibt mir keine Antwort, sondern guckt nur grüblerisch drein.

»Ich war gemein zu der Frau gestern, oder? Ich meine die, die von ihrem Mann verlassen wurde.



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