Mein wundervoller Wonderbra by Jil Karoly

Autor:Jil Karoly
Die sprache: eng
Format: epub
veröffentlicht: 2011-07-07T04:00:00+00:00

Bei Suse sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Ich ließ meinen Koffer neben einem Berg Unterwäsche fallen und verzog mich aufs Sofa. Suse hüpfte wie ein verrückt gewordenes Huhn durch die Wohnung, kam in unregelmäßigen Abständen in durchsichtigen Sommerfähnchen wieder zum Vorschein und tänzelte vor dem Spiegel herum.

Ich sparte nicht mit bissigen Kommentaren. »Das Ding sieht aus wie ein dreckiges Négligé!«

Schimpfend riß sie sich den champagnerfarbenen Fetzen vom Leib, feuerte ihn in die nächste Ecke und verschwand erneut im Kleiderschrank.

»Und - wie findest du das? Geht doch - oder?«

Sie tauchte in einem knallengen, paillettenbestickten silbernen Lurexkleidchen auf, in der Hand eine ebenfalls paillettenbestickte silberne Handtasche. Die absolute Härte war jedoch die silberne Schirmmütze, die sie sich aufs Haupt stülpte. Ich verdrehte die Augen. »Weißt du, wie du aussiehst? Wie ein wildgewordener Laserstrahl!«

»Haha!« Sie wand sich aus dem glitzernden Kleidchen, wobei es vernehmlich Rrratsch! machte. »Oh, Mann!«

»Ich will dich ja nicht hetzen, aber in zweieinhalb Stunden geht der Flieger!«

»Der Flieger kann mich mal!« kreischte Suse und inspizierte den Riß im Paillettenkleid. Überflüssigerweise klingelte auch noch das Telefon.

»Das war Harald!« sagte Suse, als sie den Hörer auflegte. Sie bückte sich und sortierte mit nachdenklichem Gesichtsausdruck ihre Unterwäsche. »Er vermißt mich schon jetzt!«

»Ach was! Der will dir nur den Urlaub madig machen!«

»Quatsch! Er liebt mich eben.« Sie kniff die Lippen zusammen. Unter Anwendung brutaler Gewalt gelang es ihr, den Koffer zu schließen.

»Laß deine Wut nicht an dem Koffer aus. Muß Liebe schön sein! Wenn ich groß bin, kauf ich mir auch ein Pfund.« Liebe! Also ehrlich. Wenn das Liebe war, konnte ich drauf verzichten.

Hagen, der gestrenge Recke, konnte es schlichtweg nicht verwinden, daß Jungfer Kriemhild sich ohne ihn zu amüsieren trachtete. Recken auf dem Maulesel im Himalaja, das mochte ja noch angehen, aber Jungfern im Flieger nach Teneriffa? Also so was! Analytiker waren letztendlich auch nur Männer. Und wie alle Männer maßen sie mit zweierlei Maß.

Auf dem Weg zum Flughafen schwieg Suse beharrlich. Der Psychoklempner hatte es tatsächlich fertiggebracht, ihr schon im Vorfeld der Urlaubsreise Schuldgefühle einzuimpfen. Wir saßen auf unseren Koffern und rauchten und warteten auf Hillu. Der Zeiger der Uhr rückte bedrohlich weiter. Von Hillu keine Spur.

»Wenn sie in zehn Minuten nicht da ist, checken wir ohne sie ein«, sagte ich. »Kann gut sein, daß eins der Kinder Keuchhusten gekriegt hat. Oder Windpocken.«

Suse zermalmte ihre Zigarettenkippe mit dem Absatz ihres Lederstiefelchens. »Wahrscheinlich hat ihr Uli unter Androhung der sofortigen Scheidung bei Zuwiderhandlung verboten, mit uns zügellosen Single-Weibern durch die Weltgeschichte zu schwirren!«

Bei »schwirren« mußte ich an einen schillernden Kolibri denken, der schwerelos von Blüte zu Blüte schwirrte. Eine Assoziation, die Hillus Erscheinen sofort zunichte machte. Schwergewichtig und schwer atmend stapfte sie durch die Halle auf uns zu wie ein Nashorn durch die Savanne.

»Allmächtiger!« entfuhr es mir.

Sie schleppte sich mit zwei überdimensionalen Koffern ab, einer Handtasche und einer rosaroten Box, die so aussah, wie ich mir immer eine Hutschachtel vorgestellt hatte. »Endlich!« riefen wir.

»Also, diese Packerei!« Sie durchwühlte die Handtasche und entnahm ihr einen Schokoriegel. »Und Uli hat noch angerufen!«

»Laß mich raten«, sagte ich.

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