Mein Jahr in der Provence by Peter Mayle

Mein Jahr in der Provence by Peter Mayle

Autor:Peter Mayle [Unbekannt]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Knaur
veröffentlicht: 1994-08-14T16:00:00+00:00


Mein Freund hatte ein Haus in Ramatuelle gemietet, ein paar Kilometer von Saint-Tropez entfernt. Wir wollten uns Wiedersehen, trotz beidseitiger Scheu vor den mißliebigen Verkehrsstaus im Hochsommer. Wir warfen eine Münze. Ich verlor und versprach, gegen Mittag bei ihm zu sein.

Nach halbstündiger Fahrt fand ich mich in einem anderen Land wieder, das hauptsächlich von Wohnwagen bevölkert war. Sie schoben sich in unförmigen Lawinen dem Meer entgegen. Sie waren mit Gardinen in Orange- und Brauntönen und mit Aufklebern von früheren Völkerwanderungen geschmückt. Sie pausierten gruppenweise in Parkzonen neben der Autobahn und flimmerten in der Hitze. Ihre Besitzer ignorierten die offene Landschaft dahinter und stellten Picknick-Tische und -Stühle mit ungestörtem Nahblick auf die vorbeifahrenden Laster in Atemnähe der Dieselabgase auf. Als ich die Autobahn verließ, um auf Saint-Maxime zuzufahren, konnte ich vor mir weitere Wohnwagen in verknäulten, schaukelnden Konvois sehen. Ich gab jede Hoffnung auf ein frühes Mittagessen auf. Für die letzten fünf Kilometer der Strecke brauchte ich eineinhalb Stunden. Willkommen an der Cöte d’Azur.

Sie war einst wunderschön; einige teure Oasen sind es immer noch. Doch verglichen mit dem Frieden und der relativen Leere des Luberon kam sie mir wie ein Irrenhaus vor. Sie war entstellt - durch übermäßiges Bauen, durch Überbevölkerung und übertriebenes Verkaufen: Wohnparks, Steak, Pommes frites, aufblasbare Gummiboote, echt provenzali- sche Souvenirs aus Olivenholz, Pizzen, Wasserskikurse, Nachtklubs, Go-Carf-Rennbahnen - überall Plakate, die alles mögliche anpriesen.

Den Menschen, die sich mit der Cöte d’Azur ihren Lebensunterhalt verdienen, steht dafür nur eine begrenzte Saison zur Verfügung. Ihr Ehrgeiz, einem das Geld abzuknöpfen, bevor der Herbst kommt und die Nachfrage nach aufblasbaren Gummibooten aufhört, ist penetrant und unangenehm. Kellner warten ungeduldig auf ihr Trinkgeld. Die Inhaber von Geschäften heften sich einem an die Fersen, damit man zur Entscheidung nicht zu lange braucht, und wollen dann keine 200-Francs-Scheine annehmen, wegen der vielen gefälschten Banknoten. Eine feindselige Habgier liegt in der Luft. Sie ist so allgegenwärtig wie der Geruch von Ambre Solaire und von Knoblauch. Fremde werden automatisch als Touristen eingestuft, als Störenfriede behandelt, mit unfreundlichem Blick gemustert und gegen Bares geduldet. Der Landkarte zufolge gehörte diese Gegend zur Provence. Mit der Provence, die ich kannte, hatte sie nichts zu tun.

Das Haus meines Freundes lag in Kiefernwäldern außerhalb von Ramatuelle, am Ende eines langen Privatwegs und völlig isoliert von dem Wahnsinn drei Kilometer weiter in Küstennähe. Er war nicht überrascht zu hören, daß eine normale Zweistundenreise über vier Stunden gedauert hatte. Um sich zum Abendessen in Saint-Tropez einen Parkplatz zu sichern, so erzählte er, wäre man am besten schon morgens um 7.30 Uhr da; der Weg zum Strand sei pure Frustration, und es gebe nur eine Möglichkeit, den Flughafen von Nizza pünktlich zum Abflug zu erreichen - mit dem Hubschrauber.

Auf der Rückfahrt abends, in Gegenrichtung zur Wohnwagenflut, fragte ich mich, was an der Cöte d’Azur eigentlich Sommer für Sommer die Massen immer noch anlockt. Von Marseille bis Monte Carlo waren die Straßen ein Alptraum und die Strände ein lebender Teppich von Körpern, die in der Sonne brieten, Flanke an Flanke, Kilometer für Kilometer. Ich konnte



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