Mein Ein und Alles by Beth Kephart

Mein Ein und Alles by Beth Kephart

Autor:Beth Kephart [Kephart, Beth]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Jugendroman
Herausgeber: dtv
veröffentlicht: 2014-07-11T22:00:00+00:00


Emmy

Hinauf, hinauf, dann stopp, und sie redet nicht. Wieder durch eine Tür, dann durch einen Gang. Dahinter eine Terrasse, der Himmel – ich kann beinahe den Himmel sehen. »Verdammt«, sagt sie jedes Mal, wenn der Schlüssel steckt, jedes Mal. »Verdammt.« Das Schlüsselarmband hat den Knöchel an Bettinas Handgelenk grünlich verfärbt. Von irgendwoher riecht es nach Tabak.

»Wohin bringen Sie mich?«, frage ich sie zum vierten Mal.

»Ins Wasserbad«, antwortet sie zum vierten Mal. Sie klingt müde, und ich frage immer weiter. »Das ist die Verordnung, haben Sie mich verstanden? Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«

Sie schiebt mich weiter. Sie zieht an dem Ring in ihrem Ohr. Sie lächelt nicht, weil sie nicht lächeln kann. Der Boden ist holprig. Sie schließt eine Tür auf und schiebt mich durch, jetzt sind wir endlich da, wo sie hinwollte. Auf einem weißen Boden stehen mehrere Wannen. Die Schwestern tragen weiß. In einem Glaskäfig befindet sich ein Büro. Dort sitzt eine Eulenfrau und späht durch ihre Brillengläser.

»Heute schon die Neunte«, sagt die Eule. »Schon am Anfang des Monats.« Sie kommt mit ausgestreckten Händen auf mich zu, ihre rechte Hand zuckt – ich sehe, wie sie zuckt. Ich presse mich an die Rollstuhllehne.

»Lass mich das machen«, sagt Bettina.

»Wenn du unbedingt willst«, erwidert die Eule.

»Was machen?«, frage ich.

»Sie ausziehen – für das Wasserbad«, sagt Bettina – es ist beinahe ein Flüstern, beinahe eine Entschuldigung für Dr. Brightmans Verordnung, aber sie hat nichts gesagt, als sie etwas hätte sagen können, absolut nichts. Sie legt Hand an mich, an die Bänder meines Kittels. Ein leichter Ruck und sie sind offen, aber ich wehre mich und sage: »Warum? Warum? Warum?«, und sie sagt: »Anweisung des Arztes«, und jetzt bin ich nackt, mein Arm in Gips und mein Bein in Gips, mein Fleisch glühend kalt.

»Noch eine in den Topf«, sagt die Eule über meine Worte und Bettinas Gegenworte hinweg, über das Geräusch, als sie mich hochhebt und in das dampfende Wasser setzt. Ich bin nicht allein, aber ich will die anderen nicht ansehen. »Das verletzte Bein soll über den Rand hängen. Der Arm muss eingepackt werden.«

»Jawohl.«

»Und eine Kopfstütze. Wir tauchen sie. Lassen Sie Ihre Hände unten, Mrs. Rane«, sagt die Eule. »Lassen Sie Ihre Hände unten, habe ich gesagt.«

Und jetzt flüstert Bettina: »Hör auf, Emmy. Bring es hinter dich.«

»Ich bin eine Mutter«, schluchze ich.

»Anordnung von Dr. Brightman«, sagt Bettina.



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