Meer Morde by Rupprecht Uta

Meer Morde by Rupprecht Uta

Autor:Rupprecht, Uta [Rupprecht, Uta]
Die sprache: eng
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Diana
veröffentlicht: 2015-07-18T16:00:00+00:00


REGULA VENSKE

Landunter

Die Engelswarft als zwölfte Warft von Hallig Hooge, südöstlich der Hanswarft gelegen, ist frei erfunden, desgleichen die auf ihr lebenden Menschen. Und sicher würde der amtierende Pfarrer im einen oder anderen Punkt ganz anders argumentieren als sein Kollege in meiner Geschichte. Nicht erfunden ist die Tatsache, dass die Verfasserin im Seehund auf der Hanswarft die köstlichste Meeräsche ihres Lebens – fangfrisch aus der Nordsee! – verspeiste und auch die Krabben mit Reibepuffer wärmstens empfehlen kann.

1.

»Wir laufen blank!«

Delf Dittmann hatte angeklopft und die Tür zum Fernsehzimmer aufgerissen, ohne ein »Herein« abzuwarten. Wolf Gabriel verstand zwar nicht, was sein Gastgeber ihm mitteilen wollte, aber dem Ton nach zu urteilen schien es wichtig zu sein. Er stellte die Tagesthemen leiser und wartete ab.

»Die Hallig läuft blank«, rief Dittmann. »Springflut, Mann – das, wonach sich alle Touristen sehnen. Komm, pack mal mit an!«

Noch immer wollte Gabriel nicht begreifen. Und von Dittmann geduzt werden wollte er ebenfalls noch immer nicht. »Hochwasser?«, vergewisserte er sich. In den vergangenen Tagen hatte er eine gewisse Meisterschaft darin entwickelt, die direkte Anredeform zu vermeiden.

Dittmann zog ein schmuddeliges Stofftaschentuch aus der Hosentasche und schnäuzte sich. »Dein Köter hat’s schneller kapiert.«

Gabriel folgte seinem Blick. Mutter, die sich wie an den Vorabenden in der Hoffnung auf ein Betthupferl in Angelina Dittmanns Küche herumgetrieben hatte, schlich mit eingekniffenem Schwanz durch die Diele und machte sich daran, die steile Treppe zu erklimmen, die in die obere Etage des kleinen Friesenhauses führte. Schlaues Tier. Er wünschte, er hätte mit ihr nach oben gehen können. Im Nachtschränkchen seines Pensionszimmers wartete ein Flachmann auf ihn, noch fast bis zum Rand gefüllt mit feinstem schottischen Whisky. Und ein gemütliches Bett wartete dort auch. Aber nun hatte er den Moment, sich zurückzuziehen, verpasst. Dabei hatte er doch nur noch schnell die Nachrichten gucken wollen.

Fünf Minuten später stemmte Gabriel sich gegen den Sturm und schleppte gemeinsam mit Dittmann und den im Nebenhaus logierenden Schweizer Feriengästen die schweren Gartenmöbel von der Wiese hinauf in den Schuppen: Tische, Stühle und Bänke, Sonnenliegen und Sonnenschirme, eine Tischtennisplatte. Es musste offenbar schnell gehen.

Dittmanns Frau, eine zierliche Indonesierin – zum wiederholten Mal ertappte Gabriel sich dabei, wie er sie bei sich nur »die kleine Putri« nannte –, hatte bereits den sonst am Fuß der Warft geparkten blauen Kastenwagen vor die Küchentür gefahren. Pension Dittmann, Engelswarft stand in goldenen Schnörkeln darauf. Dittmanns Schwester Angelina brachte unterdessen ihre Gartenzwergsammlung in Sicherheit.

Während seines unerwarteten Inselsommers hatte Gabriel schon so manche steife Brise erlebt. Aber alles war harmlos gewesen gegen diesen Wind, der ihm die Wasserströme ins Gesicht peitschte. War es Regen? Oder flog ihm die Nordsee direkt entgegen? Leider hatte er sich nicht mehr die Zeit genommen, die Pudelmütze, die Sandra ihm für diesen Urlaub aufgeschwatzt hatte, aus seinem Zimmer zu holen. Jetzt war es zu spät. Dittmann hätte ihn aber auch warnen können – und ihm Handschuhe leihen!

Es dauerte an die zwei Stunden, bis sie alles, was nicht niet- und nagelfest war, nach oben auf die Warft geschleppt hatten und sämtliches Gerät zu Dittmanns Zufriedenheit verstaut worden war, zu guter Letzt noch eine mannsgroße Buddhafigur.



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