Marschfeuer - Kriminalroman by Heike Denzau
Autor:Heike Denzau [Denzau, Heike]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi
ISBN: 9783863580667
Herausgeber: emons Verlag
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
ELF
Lyn wartete seitlich der Tür der Glückstädter Kreuzkapelle in der Von-Graba-Straße. Hendrik hatte während des Trauergottesdienstes ein Stück hinter ihr gesessen. Angeblich, um die Trauergäste aus einer anderen Perspektive zu beobachten als sie.
Allerdings hatte schon die Fahrt nach Glückstadt unter keinem guten Stern gestanden. »Da wir ja neuerdings schriftlich miteinander kommunizieren, erwarte bitte kein Entertainment«, hatte er gesagt, nachdem sie beide in den Dienstwagen gestiegen und sie ihm mit einem kurzen »Hey, alles klar?« ihren Zeigefinger in die Rippen geknufft hatte. Natürlich meinte er das Memo, mit dem sie ihm tags zuvor mitgeteilt hatte, dass sie gemeinsam an der Beerdigung Jacobsens teilnehmen sollten. Und so hatten sie sich während der Fahrt nach Glückstadt angeschwiegen.
»Und, ist dir was aufgefallen?«, fragte er kurz, als er neben ihr in der Kapellentür auftauchte und sie der schwarzen Schlange der Trauergäste zum gegenüberliegenden Norderfriedhof folgten.
Lyn verneinte. Es war ein ganz normaler Trauergottesdienst gewesen, wenn man von der großen Menge der Trauergäste einmal absah.
Margarethe Jacobsen hatte, gestützt von Paul Lindmeir, die Kapelle als eine der Letzten betreten. Markus und Dora Lindmeir waren ihnen gefolgt. Lyn hatte Gonzo erst zum Ende des Gottesdienstes in einer der hinteren Bänke entdeckt, neben einer Frau, die aufgrund der Ähnlichkeit seine Mutter sein musste. Er hatte seine Augen geschlossen gehalten. Wohl eher Langeweile oder Müdigkeit als Konzentration auf die tröstenden Worte des Pastors, hatte Lyn gemutmaßt.
Nachdem der Bestatter die Urne in dem Friedhofsgrab deponiert hatte und auch die letzten Trauergäste sich weitläufig um die kleine Grube versammelt hatten, ergriff Paul Lindmeir– nach dem gemeinsamen Vaterunser und dem Segen des Pastors– das Wort. Lyn folgte seiner Rede konzentriert, der leichte Wind entriss ihr dennoch einige Wortfetzen.
Dankbarkeit für das, was Hinrich Jacobsen für ihn getan hatte und was er für ihn gewesen war– nämlich väterlicher Freund und Mentor–, klang durch jedes seiner Worte, während er noch einmal den Werdegang Jacobsens, sein Leben für die Werft und die Schiffsindustrie im Allgemeinen hervorhob. Er sprach frei, nur ab und zu wanderte sein Blick auf das Blatt Papier in seinen Händen. Lyn glaubte zu sehen, dass seine Finger zitterten.
Am Ende seiner Rede trat er einen Schritt näher an das Grab. »Ich danke dir, Hinrich Jacobsen. Für alles.« Seine bis dahin kontrollierte Stimme brach, und er drehte sich zu Margarethe Jacobsen um. »Es tut mir so leid, Margarethe«, ein großer Klotz schien in seinem Hals zu stecken, »so unendlich leid …«
Lyns Herz begann einen Takt schneller zu schlagen. Nicht wegen Margarethe Jacobsen, die sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischte und Paul Lindmeir begütigend zunickte.
Nein, es war Dora Lindmeir, die ihre Aufmerksamkeit mit einer kleinen Geste weckte.
Die Art, wie Paul Lindmeirs Mutter sich an den Hals griff, wie sie ihren Sohn ansah, als er Margarethe mit brüchiger Stimme sagte, wie leid es ihm tue, gab Lyn zu denken.
Paul Lindmeir hatte in der Zwischenzeit Margarethe Jacobsen umarmt und war vom Grab weggetreten.
»Hast du das gesehen?«, flüsterte Lyn Hendrik zu.
»Was?«
»Dora Lindmeir sah gerade aus, als sei ihr etwas klar geworden. Etwas nicht sehr Angenehmes in Bezug auf ihren Sohn.«
Hendrik sah zu Lindmeirs Mutter hinüber, die jetzt mit ihrem Enkel an das Grab trat.
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