Man stirbt nicht lautlos in Tokyo by Jan Flieger

Man stirbt nicht lautlos in Tokyo by Jan Flieger

Autor:Jan Flieger
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Jan, Flieger, stirbt, lautlos, Tokyo, Japan, Thrillier
Herausgeber: fhl Verlag Leipzig
veröffentlicht: 2013-02-20T16:00:00+00:00


Nach einer wirren Irrfahrt, bei der er sich selbst nicht mehr zurechtfand, stieg er endlich am U-Bahnhof Morishita aus, wo er schon einmal den Weg durch Fukagawa begonnen hatte, dem Viertel der Glücksgötterschreine. Hier konnte er sich darauf konzentrieren, mögliche Verfolger zu erkennen. Er ging nach Süden auf das Basho-Museum zu, das am Su­mida-Fluss südlich der Brücke stand und bog in die Quer­straße nach Osten in Richtung Kiyosumi-dori ab, wo er bald den nächsten Schrein erblickte. In ihm, das wusste er, sollte ein Glücksgott wohnen, den er in diesem Augenblick und den folgenden Tagen wohl bitter nötig haben würde. Doch würde der Gott ihm, dem Fremdling, seinen Schutz gewäh­ren? Immer wieder blieb er nun, wenn er neue Gebäude sah, stehen, um so zu tun, als beobachtete er sie, doch galten sei­ne Blicke nur möglichen Verfolgern. Hatte er sie nun abge­schüttelt oder waren sie nur vorsichtiger geworden? Wieder quälte ihn der Husten, aber er durfte ihm einfach keine Be­achtung schenken, er musste weiter versuchen, ihn zu igno­rieren, so, wie er es immer tat. Oder hatte er doch einen Feh­ler gemacht? Lauerte irgendwo ein Gewehr mit Zielfernrohr auf ihn?

Südlich des Onagi-gawa-Kanals verharrte er vor dem nächsten Schrein. Es wimmelt in diesem Viertel vor Glücksgöt­tern, sieben sollen es sein, dachte er, aber mir würde schon die Hilfe eines dieser Herren genügen. Sicher war es gut, wenn man an sie glauben konnte. Aber sollte mir nicht eine Göttin hel­fen?

Weiter südlich, noch hinter der Stadtautobahn, lag die U-Bahnstation Monzen Nakacho, wo die Tozai-Linie verkehrte. Noch immer fühlte er sich unbeobachtet, doch konnte er sich nicht sicher sein, ob sie ihn wirklich verloren hatten.

Im Zug schweifte sein Blick durch den Wagen. Er war der einzige Mann! Doch war es möglichen Verfolgern auch zu­zutrauen, dass sie in einem der nächsten Wagen lauerten, um abzuwarten, wann er aussteigen würde.

Noch immer konnte er sich nicht entspannen, noch im­mer erfüllte ihn eine Unruhe oder eine Ahnung, dass sie ihm sehr dicht auf den Fersen waren, selbst wenn sie ihn im Au­genblick verloren hatten, denn sie würden die Stadt mit einem Netz aus Informanten überzogen haben.

Noch einmal stieg er später in Yoyogi aus, stand auf dem Bahnsteig und ließ drei Züge vorbeigleiten, doch sosehr er sich auch bemühte, er sah keinen Japaner, der wie er die Züge vorbeifahren ließ. Schließlich fuhr er eine Station wei­ter zum Bahnhof Shinjuku, den er, so rasch es der Strom der Menschen erlaubte, an der Ostseite verließ. Schließlich, im dichten Gedränge unterirdischer Arkaden, das ihn bis vor den Virgin-Megastore spülte, glaubte er, sie endgültig ab­geschüttelt zu haben, und im dichten Gedränge im Kino­ku­niya fühlte er sich nun völlig sicher. Und mit der Sicherheit kamen auch die Gedanken an Nanako, die er abends anru­fen wollte, wobei er sich nicht sicher war, wie sie seinen An­ruf aufnehmen würde.



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