Man hat ja seinen Stolz Roman by Corinna Vossius

Man hat ja seinen Stolz  Roman by Corinna Vossius

Autor:Corinna Vossius [Vossius, Corinna]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426442005
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Kapitel 11

Lilli

Samstag ist eigentlich Bertas Tag. Aber Herr Dr. Werter hat mich eingeladen, und deshalb erzähle ich Berta nichts von dem geplanten Essen, als wir am Donnerstag wieder tauschen. Unsere Massage habe ich extra auf Freitag verschieben lassen, um sie Berta zu gönnen, doch das Abendessen gehört mir. Ich habe nämlich beschlossen, selbst mit Dr. Werter essen zu gehen. Sozusagen als Berta Berburg in ihrer Rolle als Lilli Berburg. Ansonsten berichte ich so ausführlich wie möglich. Herrn Neubers Tod, und Herr Stierling mit seinen komischen Verwandten, und dass ich mit Schwester Ruth abends immer noch ein bisschen plaudere.

Im Gegenzug muss ich mir etliche Geschichten über die Leute bei uns im Haus anhören. Wie das Kaffeetrinken bei Ehepaar Steiner war und dass Berta mit Frau Karowski aus dem Erdgeschoss ins Gespräch gekommen ist, die es so schade findet, dass der Garten verkommt, gerade jetzt, wo es Frühling wird. Schließlich kehrt Berta nach Haus Abendsonne zurück, während ich in der Paul-Ehrlich-Straße bleibe, ungeduldig auf Sonnabend warte und mich gleichzeitig davor grause.

Mein Plan ist einfach genug: Ich werde mir ein Taxi zum Altersheim nehmen, und um acht Uhr wird mich Dr. Werter vor dem Eingang abholen. So haben wir es ausgemacht. Wenn Berta nach dem Abendessen fernsieht, so wie wir das gewöhnlich tun, und nicht im Foyer herumgeistert, müsste eigentlich alles klappen. Aber ich bin trotzdem schrecklich nervös. Auf keinen Fall kann ich länger als unbedingt nötig dort stehen und warten. Nicht nur Berta könnte mich sehen, auch jemand vom Personal würde sich wundern, dass es mich plötzlich zweimal gibt, einmal im dritten Stock und einmal vor der Tür.

Über unsere Mitpatienten mache ich mir keine Sorgen. Die meisten von ihnen sind sowieso völlig hinüber. Dreimal ist der Leichenwagen diese Woche vorgefahren, Herr Neuber und dann noch zwei von den anderen Stationen, und das war nur Montag bis Donnerstag. Kein Wunder, dass so schnell ein Bett für mich frei war.

Um zehn vor acht sitze ich ausgehfertig in einem Taxi Richtung Westend. Nun ja, ich bin so fertig, wie es möglich ist. Den ganzen Nachmittag habe ich überlegt, was ich anziehen soll. Was genau ist ein »kleines Abendessen«? Lippenstift oder nicht? Ich habe Stunden mit diesen Fragen verbracht, und selbst jetzt bin ich noch vollkommen unsicher, was das Ergebnis anbelangt. Für das ungeübte Auge sehe ich wahrscheinlich genauso aus wie immer. Aber egal, es geht los.

Zwei Minuten vor acht hält mein Taxi an der Straßenecke. Sicherheitshalber laufe ich die letzten Meter. Und ich habe Glück: Dr. Werter ist pünktlich, aber nicht überpünktlich. Ich habe gerade noch Zeit zum Verschnaufen, da kommt er auch schon mit seinem Wagen. Wir fahren auch gar nicht weit, nur ein bisschen weiter nach Bockenheim hinein. Aber dafür müssen wir dort eine ganze Weile nach einem Parkplatz suchen, der groß genug für seinen Mercedes ist. Ich bleibe höflich und geduldig und sage nicht, dass ich für die Stadt einen Kleinwagen praktischer fände. Steiners zum Beispiel fahren einen Golf. Schließlich halten wir auf einem Behindertenparkplatz, und Dr. Werter legt einen entsprechenden Ausweis ins Fenster.



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