Mala Vita by Claudio M. Mancini

Mala Vita by Claudio M. Mancini

Autor:Claudio M. Mancini
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
ISBN: 9783426558607
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2012-06-04T22:00:00+00:00


Die »Alexandra« hatte Kurs auf Sardinien genommen. Hinter ihr glich Palermo einer schillernden Diva mit einer Diamantkette, deren Lichter das nächtliche Ufer säumte. Der Muskelberg Giulio war aufs Deck zurückgekehrt und wartete mit undurchdringlicher Miene an der Tür. Er hatte Don Grasso im Gespräch mit einigen Gästen entdeckt und versuchte Augenkontakt herzustellen. Als der Patrone zu ihm hinübersah, gab er ihm mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken zu verstehen, dass alles vorbereitet war.

Don Grasso begab sich unauffällig zum Außendeck, von dem aus eine schmale Treppe nach unten führte. Auf ihr erreichte er das Unterdeck. Ungesehen kam er nach einigen Schritten ins Achterschiff. Das im Dunkel knapp über der Wasserlinie liegende Heck war kaum zu erkennen. Grasso beugte sich aus dem kleinen Seitenausschnitt der Bordwand, zog sein Handy aus der Tasche und wählte.

»Buona sera, Perlaquale«, meldete er sich nach wenigen Sekunden. »Schön, dass ich dich gleich erreicht habe.« Er hörte für einen Moment zu, und in seinem Gesicht zog ein zufriedenes Lächeln auf. »Ich wusste, dass du das hinkriegst. Allerdings gibt es eine kleine Änderung im Programm. Ich bin gerade auf der ›Alexandra‹. In etwa vier Stunden wird sie wieder in Palermo einlaufen. Ruf mich zurück, ich muss ungestört mit dir reden!« Angespannt hörte er sich an, was die Stimme am anderen Ende der Leitung zu sagen hatte, und augenblicklich erstarrten seine Züge. »Ein Banksafe? Aufzeichnungen? Über mich? Hmm …« Eine Sekunde lang dachte Don Grasso nach. Jetzt war das eingetreten, was er am meisten befürchtet hatte. Sein ehemaliger Consigliere war nicht nur ein Dieb, sondern auch ein Verräter. Er hatte die omertà verletzt und gefährdete post mortem möglicherweise das ganze System. »Senti!«, begann er leise ins Handy zu sprechen. »Beschaffe mir unter allen Umständen diese Unterlagen! Mir ist gleich, wie du das anstellst. Du gibst sie mir persönlich. Und noch etwas: Enricos Bruder ist zu einem unkalkulierbaren Risiko geworden. Hörst du? Ruffo und Gallerte werden dich unterstützen, dafür sorge ich. Sie werden Kontakt zu dir aufnehmen. Halte dich weiterhin bedeckt und lass sie die Drecksarbeit machen! Wenn alles erledigt ist, fliegt ihr sofort wieder zurück nach Palermo!« Er senkte die Stimme, die plötzlich einen merkwürdig weichen Klang bekam. »Ich freue mich, dich bald zu sehen. Vergiss nicht, dich in vier Stunden bei mir zu melden, damit ich dir die Einzelheiten durchgeben kann!« Grasso beendete mit nachdenklicher Miene das Gespräch und wandte sich dem Heck der »Alexandra« zu.

Schemenhaft nahm er mehrere rauchende Männer wahr, deren Gesichter beim Aufglimmen der Zigarettenglut bizarre Umrisse annahmen. Sie standen im Halbkreis und unterhielten sich. Der Patrone sah die Konturen von zwei auf dem Boden zusammengekrümmten Leibern. Er trat näher und blickte auf sie hinunter. Santorini und Massimo lagen geknebelt und mit dünnem Draht an Händen und Füßen gefesselt auf den kalten Mahagoniplanken. Grassos Blick fiel hasserfüllt auf seine ehemaligen Weggefährten.

Mit vor panischer Angst geweiteten Augen beobachteten diese, was um sie herum vorging. Don Grasso beugte sich zu ihnen hin und überprüfte den Sitz der Bleigürtel, die man um ihre Hüften gezurrt hatte.

»Eure Dummheit und Leichtsinnigkeit hätten mich den Kopf kosten können«, sagte er.



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