Maigret 34 by Simenon

Maigret 34 by Simenon

Autor:Simenon
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-02-05T05:00:00+00:00


6

Das Waschschiff am Vert-Galant

M

aigret stieß die Drehtür auf. Draußen empfingen ihn die Lichterketten der Champs-Elysées, die ihn im Regen immer an feuchte Augen denken ließen. Er schickte sich an, zu Fuß zum Rond-Point hinunterzugehen, blieb jedoch plötzlich stehen und runzelte die Stirn. An einen Baumstamm gelehnt, neben einer Blumenverkäuferin, die dort vor dem Regen Schutz gesucht hatte, stand Janvier und blickte ihm entgegen, kläglich, komisch, Verständnis heischend.

Maigret trat auf ihn zu.

»Was treibst du denn hier?«

Der Inspektor deutete auf eine Gestalt, die sich vor einem der wenigen erleuchteten Schaufenster abzeichnete. Es war Alfonsi, scheinbar tief in die Betrachtung der ausgestellten Lederkoffer versunken.

»Er ist Ihnen gefolgt. Da bin ich Ihnen eben auch gefolgt.«

»Hat er sich mit Liotard getroffen, nachdem er an der Rue de Turenne war?«

»Nein, aber er rief ihn an.«

»Gut. Mach jetzt Schluß hier. Fährst du mit mir nach Hause?«

Janviers Wohnung lag fast an seinem Weg, an der Rue Reaumur.

Verdutzt, verwirrt blickte Alfonsi den beiden Männern nach. Doch als er Maigret ein Taxi anhalten sah, gab er auf und entfernte sich in Richtung Etoile.

»Gibt es was Neues?«

»In rauhen Mengen. Fast zuviel.«

»Soll ich mich auch morgen um Alfonsi kümmern?«

»Nein. Komm ins Büro. Ich glaube, es wird dort für jeden massenhaft Arbeit geben.«

Nachdem der Inspektor ausgestiegen war, beugte Maigret sich zum Chauffeur vor.

»Fahren Sie durch die Rue de Turenne.«

Es war noch nicht sehr spät. Halb und halb hoffte er, beim Buchbinder Licht zu sehen. Es wäre der ideale Augenblick gewesen, um mit Fernande ausgiebig zu plaudern, wie er es schon lange hatte tun wollen.

Wegen eines Lichtreflexes im Schaufenster stieg er aus, stellte jedoch fest, daß im Innern alles dunkel war. Er überlegte sich, ob er anklopfen sollte, fuhr dann aber zum Quai des Orfèvres weiter, wo Torrence Dienst tat, und gab ihm ein paar Anweisungen.

Madame Maigret war eben zu Bett gegangen, als er auf den Zehenspitzen ins Zimmer trat. Während er sich im Dunkeln auszog, um sie nicht zu wecken, fragte sie plötzlich:

»War es der richtige Hut?«

»Es war der Hut, den die Gräfin Panetti gekauft hat.«

»Hast du sie gesehen?«

»Nein. Aber sie ist fast siebzig Jahre alt.«

Er legte sich hin, mißlaunig oder auch bloß nachdenklich, und als er erwachte, regnete es immer noch. Er schnitt sich beim Rasieren.

»Wirst du deine Ermittlungen fortsetzen?« fragte er seine Frau, die sein Frühstück zubereitete.

»Soll ich etwas anderes tun?« erkundigte sie sich allen Ernstes.

»Ich weiß nicht. Da du schon einmal angefangen hast …«

Er kaufte sein Leibblatt an der Ecke des Boulevard Voltaire, fand aber keine neue Erklärung von Philippe Liotard und keine neue Herausforderung. Der Nachtconcierge im Claridge hatte Diskretion gewahrt, denn auch die Gräfin wurde nicht erwähnt.

Lucas hatte Torrence am Quai abgelöst und seine neuen Weisungen entgegengenommen. Die Maschine lief auf Hochtouren. An der Côte d’Azur und in den Hauptstädten des Auslandes wurde eifrig nach der Gräfin gefahndet. Gleichzeitig beschäftigte man sich mit dem Mann namens Krynker und mit der Kammerzofe.

Auf der verregneten Plattform des Autobusses las ein Fahrgast vor Maigrets Augen seine Zeitung, und diese Zeitung trug eine Überschrift, die den Kommissar nachdenklich stimmte.



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