Mai, Juni, Juli. Ein Roman by Joachim Lottmann

Mai, Juni, Juli. Ein Roman by Joachim Lottmann

Autor:Joachim Lottmann [Lottmann, Joachim]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783462317183
Herausgeber: Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Ich stoppte. Es gab ja ein Treatment, das ich einzuhalten hatte. Ließ ich die Handlung ungebremst losgaloppieren, kam womöglich die ganze Story durcheinander. Da ich das Treatment vor Jahren verfaßt und nicht mehr im Kopf hatte, wollte ich es lieber durchlesen, bevor ich weiterschrieb. Der Verleger hatte es mir dankenswerterweise gerade zurückgegeben:

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Pixie

(Treatment)

»Der Mann, ein 42jähriger Hörfunk-Redakteur im Bereich Schulfunk/Geschichte, schon etwas verschwiemelt, verheiratet mit einer Mittdreißiger-Medientante, ohne Kinder, wird überraschend verlassen. Er startet zunächst die üblichen Flucht- und Trotzaktionen, sucht Halt bei alten Freunden und Kollegen, geht abends in Kneipen, trinkt ein bißchen, gibt eine Party, ruft Frauen an, die er einmal attraktiv gefunden hatte. Er fährt in andere Städte, um Versprengte von früher aufzusuchen. Nichts fruchtet, im Gegenteil. Er will seine Medientante wiederhaben, heult ins Telefon, schnüffelt. Das ist alles schnell erzählt und nicht weiter schlimm; jeder weiß, daß es sich um die landesübliche Beziehungskrise handelt, eine grundgesunde Sache, die die Menschen so sicher und harmlos befällt wie eine Kopfgrippe oder Erkältung bei Wintereinbruch. Noch ahnt niemand, daß daraus plötzlich etwas Ernstes wird:

Der Mann rutscht eines Abends in die falsche Kneipe. Er hat nämlich keine Lust mehr, in die Stammkneipe zurückzugehen, in der er gerade mit einer bebrillten Ersatz-Medientante stundenlang gesessen hatte, einer grünen Witwe aus der Straßentheatergruppe, die ihm ein Freund aufgenötigt hatte. Statt dessen verirrt er sich in eine Jugendkneipe, und es ist ihm sogar recht. Es geht ihm wie Professor Unrat im Blauen Engel – er fühlt sich zunächst angezogen.

Da ist ein 17jähriges Mädchen, das dauernd Gin-Tonics von ihm bekommen möchte, Pixie. Sie läßt sich dann von einem anderen Mann, auch nicht jung, naßküssen, vor den Augen des spendablen Redakteurs, der trotzdem weiter um Gin-Tonics angegangen wird. Immer wieder blecht er, aus Feigheit – schließlich versteht er nur Bahnhof. Dann will sie mit ihm weggehen und tut es auch. Seine Wohnung ist ja leer und verwaist. Zu seiner grenzenlosen Bestürzung kommt es aber zum lautstarken Streit, kaum daß die Tür aufgeschlossen ist. Pixie wirft ihm vor, sie mit seinem ›Scheiß-Geld‹ kaufen zu wollen.

Er will nur wissen, wer der andere Mann war, der seine Gin-Tonics trank. Pixie ruft, er solle verschwinden, wenn er ihr keinen Spaß gönne – fast wirft sie ihn aus seiner eigenen Wohnung. Absurde Vorwürfe prasseln auf den ollen Historiker, Pixie entpuppt sich als psychotische Furie. Sie unterstellt ihm Besitzansprüche, feiste Geilheit, Altmännerchauvinismus, schimpft ihn einen unverschämten, geldgeilen Arsch. Er versucht sie zu beruhigen, ist vollkommen durcheinander. Sie heult, läßt sich trösten, er muß ihr tausend Sachen bringen, muß zur Nachtapotheke fahren, muß ihr irgendeinen Kinderbrei kochen, muß zum Hauptbahnhof gurken, um ihr Donald-Duck-Hefte zu kaufen. Die ganze Nacht kriegt er kaum ein Auge zu. Die Katastrophe ist in sein Leben eingeschlagen, sie heißt Pixie.

Am nächsten Morgen ist sie noch immer böse. Er muß in der Redaktion absagen, muß ihr Frühstück machen und so weiter. Sie glaubt ernsthaft (trotzdem), er wolle sie bevormunden – der nächste Spleen. Sie ist laut, ohne Taktgefühl, sagt immer das Falsche, schnauzt ihn an. Die Kommunikation bleibt chaotisch. Laute



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