Maenner und andere Fleischwaren by Paula Fabian
Autor:Paula Fabian [Fabian, Paula]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-09T17:00:00+00:00
***
Nachdem auch Bettina die Genialität meines Plans erkannt hat, nehmen wir die Antwortbriefe wieder genauer unter die Lupe. Ein paar davon hören sich gar nicht so unmöglich an. Ziemlich einfallsreich finde ich zum Beispiel Lutz. Er schreibt: »Gut abgehangenes T-Bone-Steak ohne Sehnen und Fett sehnt sich danach, bei großer Hitze in die Pfanne gehauen zu werden. Bist du eine gute Köchin? Dann sichere dir das beste Stück, bevor es zu trocken wird!« Bettina findet, dass sich das durchaus vielversprechend anhört, also greife ich zum Telefon, schalte für Bettina den Lautsprecher ein und rufe das T-Bone-Steak an. Schon nach dem ersten Klingeln wird abgehoben.
»Hallo?«, meldet sich eine heisere Stimme.
»Ähm, ja hallo«, sage ich und widerstehe tapfer der Versuchung, gleich wieder aufzulegen. Allerdings nur, weil Bettina mich in die Seite knufft und wild rumgestikuliert. »Hier ist HotGirl.«
»Oh, hallo!«, kommt es erfreut vom anderen Ende der Leitung. »Das ist ja schön, dass du anrufst!« Soll ich es wirklich tun? Ich werfe Bettina einen fragenden Blick zu. Ja, ich soll.
»Ja, fand ich auch nett, deine Antwort. Deswegen wollte ich fragen, ob wir uns nicht mal kennenlernen wollen.«
»O ja, sehr gern!«, kommt es noch erfreuter.
»Was hältst du von morgen Abend?« Vielleicht habe ich Glück, und er sagt nein.
»Ja, das geht.«
Kein Glück.
»Ja, dann würde ich sagen, du holst mich ab.«
»Wo denn?«
Ich gebe ihm die Adresse meiner Wirkungsstätte.
»Ach, daher dein Anzeigentext«, meint Lutz und lacht, »sehr einfallsreich.« Bettina klopft sich selbst auf die Schulter.
»Ja«, sage ich, »da arbeite ich. Sei doch bitte um kurz vor sechs da, dann können wir gleich aufbrechen.« Wieder lacht Lutz. Habe ich etwas Anstößiges gesagt? Nein, ich finde, in das Wort »aufbrechen« kann man beim besten Willen nichts hineininterpretieren. Ganz im Gegensatz zu meinem Anzeigentext, wie mir wieder schmerzlich bewusst wird.
»In Ordnung«, sagt Lutz, »ich werde pünktlich sein.« Das hoffe ich, sonst geht mein schöner Plan in die Hose. Hose? Nicht weiter drüber nachdenken!
»Dann bis morgen«, will ich mich verabschieden.
»Ja«, meint Lutz. Und dann fügt er noch etwas hinzu: »Ich freu mich auf dich!« Wünschte, ich könnte das auch behaupten. »Prima«, freut sich Bettina, als ich aufgelegt habe. »Also, weiter geht’s!«
»Soll ich wirklich noch einen anrufen? Mir hat das hier ehrlich gesagt schon gereicht.«
»Ich denke, du willst deinem Simon jede Menge knackige Kerle vorführen, mit einem ist es da nicht getan!« Sie hat ja recht. Und weil sie recht hat, rufe ich noch Jürgen (»Ich bin so scharf wie eine Currywurst«), Uli (»Du darfst auch mal bei mir abbeißen« – Hilfe!), Holger (»Well done reicht mir nicht, es muss schon gut durch sein«) und Georg (»Bin finanziell bestens abgesichert«) an und bestelle sie nacheinander für Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag um kurz vor sechs zu Paslewski.
»Geschafft«, stelle ich fest, als ich endlich das letzte leidige Telefonat hinter mich gebracht habe.
»War doch gar nicht so schlimm«, lobt Bettina. Ich glaube, sie ist von uns beiden die Einzige, die bei der ganzen Angelegenheit Spaß hat.
»Der schlimmste Teil kommt wohl noch«, gebe ich pessimistisch zurück.
Ich habe noch keine Ahnung, wie schlimm.
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