Madonna by Kathrin Lange
Autor:Kathrin Lange [Lange, Kathrin]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783746628851
Herausgeber: Aufbau digital
veröffentlicht: 2012-01-10T23:00:00+00:00
15. Kapitel
Auf dem Weg nach Hause wurde Katharina von einer ihrer ehemaligen Patientinnen, einer Frau namens Bettine, angehalten und in ein längeres Gespräch verwickelt, aus dem sie sich nur befreien konnte, indem sie auf ihre unzähligen Pflichten hinwies. Bettine nickte ihr lächelnd zu. »Noch immer im Dienst der gesamten verlorenen Welt, nicht wahr?«, sagte sie. Dann lieà sie Katharina ihres Weges gehen.
Als Katharina ins Fischerhaus zurückgekehrt war, berichtete ihr Hiltrud, dass Donatus zwischenzeitlich kurz da gewesen, aber wieder fortgegangen war, um Tobias zu suchen.
Katharina, die eben dabei war, ihre Haube abzulegen, hielt mitten in der Bewegung inne. »Tobias ist weg?«
Hiltrud nickte. »Als ich ihm sein Frühstück bringen wollte, wie du mich gebeten hast, habe ich festgestellt, dass seine Kammer leer ist.«
Katharina hängte ihre Haube auf. Plötzlich fühlte sie sich einfach nur noch müde. Nein, nicht müde, zu Tode erschöpft. Nicht einmal ihren Mantel vermochte sie auszuziehen. Sie stand einfach nur da und starrte vor sich hin.
Hiltrud griff nach ihrem Arm. »Komm«, sagte sie. »Trink erst mal etwas, und dann â¦Â« Sie wurde unterbrochen, weil es an der Tür läutete. »Himmel, Herrgott!«, fluchte sie und schlug ein Kreuz über sich. »Hier geht es heute zu wie in einem Taubenschlag!« Sie humpelte zur Tür und riss sie mit einem wütend anmutenden Ruck auf. »Was?«, herrschte sie den jungen Mann an, der drauÃen stand.
Katharina wandte den Kopf.
Der junge Mann wirkte nicht sehr vertrauenerweckend, was hauptsächlich an der groÃen Kerbe in seinem Ohr lag, die ihn als Betrüger auswies. Dennoch hatte er einen offenen, wachen Blick, der Katharina im ersten Augenblick sofort ehrlich vorkam. »Seid Ihr Katharina Jacob?«, fragte er, ohne auf Hiltrud zu achten.
»Ja.« Katharina trat einen Schritt vor. Jetzt sah sie, dass der junge Mann einen groÃen roten Hund bei sich hatte, der hechelnd neben seinem Bein saÃ. Auch dessen Augen wirkten wach, und auf seltsame Art und Weise ähnelten sie denen des Jungen.
»Arnulf schickt mich«, sagte der Junge. »Mein Name ist Jonas. Ich soll ausrichten, dass Richard Sterner in der Stadt ist und Eure Hilfe braucht.«
Katharina lief durch die Gassen der Stadt hinter Jonas und seinem Hund her. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen, und sie befahl sich selbst, sich nicht zu sehr ihren Hoffnungen hinzugeben. Richard? In der Stadt?
Katharinas Gedanken überschlugen sich.
Bleib besonnen!, mahnte sie sich. Richard war in der Toskana. Es war alles bloà ein Irrtum, und die Enttäuschung würde sie treffen wie ein Fausthieb. Nein, es war besser, zunächst nicht daran zu glauben, dass Richard wirklich wieder in Nürnberg war.
»Er ist verletzt!«, hatte Jonas gesagt. »Arnulf ist bei ihm.« Er hatte sie nicht zweimal bitten müssen, mitzukommen.
Jetzt eilte sie hinter ihm her über die Heilig-Geist-Brücke auf die Insel Schüdt und dann hin zu einem Weidenbaumhain, bei dessen Anblick sie wie vom Donner gerührt stehenblieb.
»Hier lang«, sagte Jonas.
Katharina rieb sich über Stirn und Augen. In diesem Hain hatte sie den toten Schwan gefunden â damals, als der Mörder umgegangen war, der ihren Bruder getötet hatte ⦠Ein Band aus Eisen legte sich um ihre Brust, presste ihr Herz zusammen, so dass sie kaum noch Luft bekam.
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