Mad Rush Thriller by Carsten Steenbergen

Autor:Carsten Steenbergen
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426443859
Herausgeber: Knaur e-books

Kapitel 4

BLUTSAAT

Wüstenstaub hatte sich auf die Windschutzscheibe des Campers gelegt. Zu feinpudrig, um ihn mit den Wischern vernünftig zu beseitigen. Feinpudrig und hellgrau. Wie die Zeit, die ihnen zwischen den Fingern davonrann. Alexander Crane trommelte ungeduldig auf das Armaturenbrett, während er und sein Team darauf warteten, Black Rock City betreten zu dürfen. Sie waren gezwungen, bedächtig und unauffällig vorzugehen. Das kostete Geduld und Zeit. Draußen, außerhalb des Wagens, wehte ein beständiger Wind, der Sichtbrillen und Atemschutz notwendig machte.

Nur Verrückte ertrugen das. Und nur Verrückte kamen auf die Idee, für acht Tage eine Stadt mitten in der Wüste zu bauen. Davon gab es hier anscheinend genügend. Über sechzigtausend Menschen, um genau zu sein: Verrückte, Hippies, Künstler, Durchgeknallte, Freigeister. Komplettiert durch das OMBUS-Team, sobald die als Camper getarnte mobile Zentrale durch die Zugangskontrolle gefahren war. Es galt, in dieser – höflich ausgedrückt – bunten Masse von Feierwütigen drei Frauen ausfindig zu machen, die sich auf ihrer Flucht keinen clevereren Unterschlupf suchen konnten als das Burning-Man-Festival in der Black-Rock-Wüste von Nevada.

Crane saß auf dem Beifahrersitz, Dan Rivers, der Mechaniker, hinter dem Lenkrad. Die beiden anderen hielten sich im hinteren Bereich auf. Chen Lin hatte kurz vor Ende der zweieinhalbstündigen Fahrt von Reno aus die Richtfunkantennen des Festivalgeländes angezapft und ihnen kurzerhand einen hübschen reservierten Platz inmitten Tausender Zelte und Campingwagen besorgt. Heute war der sechste Tag des Festivals. An diesem Abend würde der Burning Man brennen. Endlich kam der Kerl von der Festivalleitung zurück. Trotz seines ungläubigen Blicks ließ er sie passieren – allerdings nicht, ohne darauf hinzuweisen, dass für die restliche Zeit keine weiteren Fahrten mit dem Camper erlaubt seien. Das hatten Crane und seine Kollegen bereits vorher gewusst. Es stand auf jeder Website, die sich mit dem Festival beschäftigte.

Von Brüssel aus versorgte Juliana Drukker die Agenten mit Informationen, die Crane auf anderem Weg nicht erhalten konnte. Vor nicht einmal einer halben Stunde hatte Juliana das Team davon in Kenntnis gesetzt, dass ihr Informant, der ihnen den Tipp mit dem Festival gegeben hatte, umgebracht worden war. Drei Namen und die dazugehörigen Gesichter. Ziemlich dürftig für eine Rettungsmission. Vor allem wenn derjenige, der den Frauen hartnäckig nach dem Leben trachtete, womöglich längst hier war. Weder Crane noch die Übrigen wussten, mit wem sie es zu tun hatten – ein sehr unbefriedigender Status. Je eher Crane die drei Frauen aus der Schusslinie brachte, desto besser. Aber dafür musste er sie finden, bevor es der andere tat.

Schon auf den ersten Metern wurde überdeutlich, dass das keine leichte Nummer werden würde. Dan bremste den Camper auf Schrittgeschwindigkeit ab. Der Weg zwischen den Zelten und anderen Behausungen war verstopft mit Leuten; egal, wohin man sah. Kaum jemand trug wüstentaugliche Kleidung, die Mode changierte zwischen halb nackt und abwegig. Stil, Herkunft, Religion, Hautfarbe: alles egal. Jetzt verstand Crane, was Juliana damit gemeint hatte, dass das Burning Man durch und durch als Kunstfestival gefeiert wurde. Eine Abwechslung war es allemal, fand Crane, obwohl er sich lieber an die weitere Verfolgung der Verbrecherorganisation Nucleus gemacht hätte. Dass Lasausse ihnen erneut durch die Finger geschlüpft war, behagte ihm überhaupt nicht.

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