Luzifers Testament by Christopher Paul

Luzifers Testament by Christopher Paul

Autor:Christopher, Paul [Paul, Christopher]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2010-01-11T05:00:00+00:00


24

Der Erste, der das Besondere an Aix-les-Bains erkannte, war vermutlich ein römischer Zenturio auf dem Weg von Italien nach Gallien, um dort die aufmüpfigen Barbaren niederzuwerfen. Nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst kehrte er an den idyllischen Ort am Seeufer zurück, baute ein Becken über den heißen Quellen, nannte sie Aquae Gratianae, und der Grundstein für eine lange Tradition war gelegt.

Im Schatten des Mont Revard und am Ufer des Lac du Bourget, des größten natürlichen Süßwassersees Frankreichs, verschafft das Städtchen Aix-les-Bains den arthritischen Gelenken seiner betuchten Besucher seit zweitausend Jahren Linderung. Zusätzliche Aufwertung erfuhr es dann in den 1880er Jahren nach einem Besuch Königin Victorias von England. Ihre Königliche Majestät fand so großen Gefallen an dem Bad, dass sie es der französischen Regierung abkaufen wollte. Diese lehnte jedoch dankend ab, baute stattdessen ein Spielcasino und eine Rennbahn, um die hochwohlgeborenen Kurgäste noch mehr auszunehmen, und benannte die heißen Quellen in Royal-les-Bains um.

Fortan kam die feine Pariser Gesellschaft in Sonderzügen angereist, um in den Bädern zu planschen. Über den Ärmelkanal kämpften sich Dampfschiffe, an Bord die Strohhut- und Tennisszene, wild entschlossen, die heißen Sommermonate in der angenehm kühlen Bergluft zu verbringen, und das alles, während sie sich ausgelassen gegenseitig betrogen und Clara Butt dazu auf dem Grammophon ›The Keys of Heaven‹ sang. Es war die Belle Époque, doch wie jedes Zeitalter schwand auch dieses dahin wie ein alter Soldat, das Blattgold an den Decken begann abzublättern, die Marmorböden bekamen Risse, und die Rohre für das Wasser der heißen Quellen begannen, so laut zu schlagen und zu knarren wie die Gelenke der Kurgäste, denen es einmal Heilung verschafft hatte. Die in den Bergen versteckte alte Stadt geriet buchstäblich in Vergessenheit, und genau aus diesem Grund hatte sich Mr. Liam Alexander Pyx, der Ausweislieferant, dort niedergelassen; deswegen und wegen der Nähe zu seinen Nummernkonten im achtzig Kilometer entfernten Genf.

Finn Ryan wurde wach, als die ersten rosafarbenen Sonnenstrahlen über die Berge und zerklüfteten Hügel kamen, die die Ausläufer der französischen Alpen von Flaute Savoie bildeten. Irgendwie war sie während der Fahrt auf dem Rücksitz des Mercedes gelandet, und jetzt saß Hilts auf dem Beifahrersitz neben Simpson, der immer noch den Wagen lenkte.

»Guten Morgen«, sagte der alte Mann gut gelaunt, als sie sich aufsetzte und blinzelnd umschaute. »Wir sind fast da.«

»Wo sind wir?« Finn blickte gähnend aus dem Fenster. Sie fuhren auf einer Bergstraße. Links von ihnen zogen sich dicht bewaldete Berghänge hin; unter ihnen waren in den ersten Strahlen der Morgensonne die geometrischen Umrisse einer kleinen Stadt zu sehen, die sich um die Spitze eines lang gestreckten Sees legte.

»Das dort unten ist Aix-les-Bains«, antwortete Simpson. Kurz darauf bog er nach links in einen schmalen Kiesweg, der sich unter zerzausten Fichten hindurch an zahlreichen Felsvorsprüngen vorbei nach oben wand und schließlich auf einem kleinen grasbewachsenen Plateau endete. Direkt vor ihnen lag ein typisches französisches Landhaus, exakt wie aus Peter Mayles Roman Toujours Provence: das Hauptgebäude aus altem weiß getünchtem Stein, die Fenster mit tiefer Laibung, und darüber ein steiles Ziegeldach. An einer Seite des Hauses,



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