Lotosbluete by Rowland

Lotosbluete by Rowland

Autor:Rowland
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-01-30T05:00:00+00:00


19.

Gläubige werde ich ausschicken,

Mönche und Nonnen,

Männer und Frauen,

Die reinen Glaubens sind,

Und mein Gesetz verkünden.

– Aus dem Sutra der Schwarzen Lotosblüte

S

hinagawa war ein Ort südlich von Edo und besaß die zweite von dreiundfünfzig Wachstationen entlang der Tōkaidō-Fernstraße. Reikos Sänfte traf am Nachmittag vom Zōjō-Tempel aus in Shinagawa ein. Zwischen der Bucht von Edo und der bewaldeten Erhebung des Palasthügels führte die Fernstraße an Teehäusern vorbei, in denen Reisende und Pilger Rast machten. Andere Reisende stöberten in Läden herum, dösten in der Sonne oder stellten sich in der Reihe der Wartenden an, da jeder Reisende sich in der Schreibstube der Wachstationen melden musste. Vor den Garküchen standen Ausrufer und versuchten, Gäste herbeizulocken. Reiko spähte durch das Fenster der Sänfte auf vorbeieilende Samurai, die auf den nahen Anwesen der daimyo wohnten, und auf die vielen Mönche, die nach Shinagawa gekommen waren, um verbotenen Vergnügungen zu frönen. Als Reiko in eine Gasse schaute, sah sie Flaggen mit dem Wappen der Tokugawa über einer großen Menschenmenge wehen, die sich zwischen den Reihen eng zusammen stehender, strohgedeckter Häuser versammelt hatte.

»Bleibt da drüben stehen«, rief Reiko den Sänftenträgern zu.

Die Männer gehorchten. Reiko stieg aus der Sänfte. Der Dunst hatte sich verzogen, doch der Himmel war bedeckt und die Luft kalt; ein frischer Wind trieb Holzkohlerauch und den Geruch nach Pferdemist von der Fernstraße heran. Reiko und ihre Wachsoldaten gingen in Richtung der Menschenmenge, die sich aus Arbeitern, Hausfrauen mit Säuglingen und neugierigen Kindern zusammensetzte. Irgendwo in der Menge waren besorgte Männerstimmen zu vernehmen.

Während Reikos Wachen ihr einen Weg durch die Versammelten bahnten, erblickte sie Minister Fugatami, dessen Samurai-Gefolge sowie eine Gruppe gemeiner Bürger, in dunkle Umhänge gekleidet, die um einen viereckigen, gezimmerten Ziehbrunnen standen. Minister Fugatami begrüßte Reiko mit einem knappen Nicken; dann wandte er sich mit ernster Miene wieder seinen Begleitern zu.

»Das ist einer von drei Brunnen, die unserer Vermutung nach im vergangenen Jahr von Mitgliedern der Schwarzen Lotosblüte vergiftet wurden«, sagte einer der Bürger, ein würdevoller weißhaariger Mann. Reiko vermutete, dass er und seine Gefährten die Stadtältesten waren; der Weißhaarige war offenbar ihr Vorsteher, der Minister Fugatami nun von den Vorfällen berichtete, mit denen die Schwarze Lotosblüte zu tun hatte. Der Mann ließ den Eimer in den Brunnenschacht hinunter, sodass er voll Wasser lief, und zog ihn wieder herauf. »Das Wasser hat einen seltsamen Geruch«, sagte er.

Fugatami hielt die Nase über den Eimer, schnüffelte und verzog das Gesicht. »Tatsächlich.« Er tauchte eine Hand ins Wasser und beobachtete, wie es ihm über die Finger rann; dann sagte er zu seinen Bediensteten: »Schreibt auf, dass das Wasser ölig ist, eigenartig riecht und einen schwachen grünlichen Schimmer hat.«

»Die Leute haben sich über den seltsamen Geschmack des Wasser beklagt«, sagte der Stadtälteste. »Dreiundfünfzig Menschen erkrankten an Durchfall, nachdem sie davon getrunken hatten. Zum Glück ist niemand gestorben, und wir haben die vergifteten Brunnen abgesperrt, befürchten aber, dass es in Zukunft wieder ähnliche Vorfälle geben wird.«

Von den Zuschauern erhob sich zustimmendes, zorniges Gemurmel; ein Säugling schrie. Die Ältesten brachten die Menge mit Blicken zum Schweigen.

»Wie kommt Ihr darauf, dass die



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