Liebe verlernt man nicht by Beck Lilli

Liebe verlernt man nicht by Beck Lilli

Autor:Beck, Lilli
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2013-01-01T05:00:00+00:00


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In den nächsten zwei Wochen werde ich das Gefühl nicht los, dass ein riesiger Schwarm Pechvögel über mir kreist, der auf meine wohldurchdachten Pläne kackt.

Ein neuer Versuch im »Studio A« war eine Nullnummer. Adrian wusste nicht, in welche Klinik man Bill gebracht hatte, und dass am Montag Männerandrang herrscht, entspricht zwar der Wahrheit. Leider war da jedoch keiner über dreißig. Dann die Panne mit den Akten. Die ich immer noch nicht losgeworden bin. Pämela rief eine Stunde nach unserem Kaffeeklatsch an, um sich vielmals zu entschuldigen, dass sie ihr Versprechen nicht so schnell einlösen könne. Sie müsse ein paar Tage mit Herbert-Bärli verreisen. Ein englischer Teegebäckfabrikant habe Interesse an diversen »Wertheim«-Keksen. Sie würde ihr Bärli bei den Verhandlungen begleiten, da seine Sprachkenntnisse nicht ausreichten. Weiß ich. Herbert kann sich gerade mal Fish & Chips bestellen.

Um wenigstens ein kleines Stückchen vorwärts zu kommen, habe ich schon mal angefangen, einen ganzen Tag lang die Akten in Umzugskartons zu verstauen. Biggi konnte leider nicht helfen, sie betreut im Moment nämlich gleich drei Hunde, verbringt praktisch den ganzen Tag im Englischen Garten und ist am Abend total geschafft. In Sachen Männerakquise erweist sich der Park leider als Flop. Dafür ist Biggi braungebrannt, wie nach ihrem Jamaika-Aufenthalt.

Wie auch immer, die körperlich anstrengende Arbeit fand mein Rücken überhaupt nicht lustig. Am nächsten Tag kam ich kaum aus dem Bett. Meine Hausärztin behauptete, meine gesamte Muskulatur wäre die einer Achtzigjährigen, die im Rollstuhl sitzt. Ich solle unbedingt Sport treiben, mahnte sie und empfahl Rückenschule oder Wassergymnastik. Sie gab mir die Broschüre des Altenzentrums, wo Seniorenkurse angeboten werden. Herzlichen Dank auch für die »Aufbauspritze«, Frau Doktor. Habe ich natürlich nur gedacht und mich brav für einen der Rückenkurse im Altenzentrum angemeldet. Im Eingangsbereich drängten sich dermaßen viele Gehwägelchen, dass ich im ersten Moment dachte, auf einer Rollatorausstellung gelandet zu sein. Bis mir beim Anblick der schmerzverzerrten Gesichter klar wurde, dass ich hier nur Halbinvalide aufreißen könnte. Wer will das schon? Deprimiert schlurfte ich nach Hause zurück. Genau da rief Karl an, um mich an mein Versprechen zu erinnern.

Meine depressiven Gedanken kann ich auch weiterwälzen, während Karl mich malt, dachte ich. Und dass sich meine Laune in seiner Gesellschaft vielleicht sogar verbessern würde. Doch wer hätte gewusst, dass es in diesen Künstlerklausen selbst im Sommer so kalt ist wie in einem Iglu? Na gut, ich war noch nie in einem Iglu. Aber ich stelle mir vor, dass es da so eisig ist. Und da wundert sich Karl, warum es so schwierig ist, Aktmodelle zu finden. Jedenfalls habe ich mir eine saumäßige Erkältung geholt, obwohl ich noch nicht mal ganz nackt war. Aber ein Bikini schützt eben kaum gegen arktische Kälte. Auch die dicken Socken, die grünen Gummistiefel und die lila Handschuhe, die Karl mir gab, halfen nicht. Das Bild ist natürlich noch nicht fertig, denn ich habe abgebrochen, als ich blau gefroren war. Ich wollte mir keine Lungenentzündung holen. Doch sobald der Klimawandel München in einen Vorort der Sahara verwandelt hat, und fünfzig Grad im Schatten herrschen, vollenden wir das Kunstwerk.



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